Das Ende des Fortschritts
Zur Dekolonisierung der normativen Grundlagen der kritischen Theorie
Vor mehr als 25 Jahren kritisierte Edward Said die Kritische Theorie der Frankfurter Schule dafür, zwar eine aufschlussreiche Analyse der Machtbeziehungen in modernen Gesellschaften vorzulegen, dabei aber über Rassismus oder anti-imperialistischen...
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Produktinformationen zu „Das Ende des Fortschritts “
Klappentext zu „Das Ende des Fortschritts “
Vor mehr als 25 Jahren kritisierte Edward Said die Kritische Theorie der Frankfurter Schule dafür, zwar eine aufschlussreiche Analyse der Machtbeziehungen in modernen Gesellschaften vorzulegen, dabei aber über Rassismus oder anti-imperialistischen Widerstand zu schweigen. Was hat sich seitdem verändert? In »Das Ende des Fortschritts« untersucht Amy Allen das Verhältnis grosser zeitgenössischer Denker der Kritischen Theorie, Jürgen Habermas, Axel Honneth und Rainer Forst, zu theoretischen Ansätzen der Dekolonisierung aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Mit einem frischen Blick fragt sich Allen, selbst Vertreterin der Kritischen Theorie, inwiefern die Vorstellung eines kontinuierlichen Fortschritts unweigerlich eurozentrische oder imperialistische Züge trägt. Dass die Kritische Theorie die besten Werkzeuge bereithält, um emanzipatorische Ziele zu erreichen, stellt sie dabei nicht in Frage. Unter Rückgriff auf die Arbeiten Theodor W. Adornos und Michel Foucaults nimmt sie eine »Dekolonisierung« der Kritischen Theorie vor und entwickelt einen radikal selbstkritischen Fortschrittsbegriff. Erstmals führt sie so Postkoloniale und Kritische Theorie zusammen und gibt dem Fortschritt eine Zukunft. Mit einem neuen Vorwort von Amy Allen und einem Nachwort von Martin Saar
Grossformatiges Paperback. Klappenbroschur
Lese-Probe zu „Das Ende des Fortschritts “
Vorwort zur deutschen Ausgabe von 2019Während das Schreiben eines Buchs aufgrund der grossen, kontinuierlichen, täglichen Anstrengungen, die der Versuch bedeutet, ein wenig Ordnung und Zusammenhang in ein grosses Sammelsurium von Gedanken, Schriften, Quellen, Argumenten und Begriffen zu bringen, eine Übung in Sachen Disziplin ist, ist die Veröffentlichung eines Buchs eine Übung im Loslassen. Ist das Buch einmal in die Welt getreten, dann schlägt es seinen eigenen Weg ein, und die Verfasserin hat nur einen geringen Einfluss auf die Richtung, die es nimmt, und vor allem - was besonders frustrierend ist - darauf, wie es gelesen wird. Und dennoch: Nicht anders als manche Eltern, die sich nicht zurückhalten können, ihren erwachsenen Kindern ungebetene Ratschläge zu erteilen, können auch Autorinnen und Autoren nicht widerstehen, ihre Leserinnen und Leser darüber zu instruieren, wie ihre Werke zu lesen sind. Und so möchte ich, obwohl ich anerkenne, dass ich nicht bestimmen kann, wie mein Buch letztlich interpretiert werden wird, dennoch die Gelegenheit nutzen, anlässlich der deutschen Übersetzung einige Überlegungen über die bisherige Rezeption anzustellen.Als Erstes möchte ich einige Worte darüber sagen, was dieses Buch nicht zu tun versucht. Einige Leserinnen und Leser haben aufgrund meiner Verwendung des Begriffs »Dekolonisierung« im Untertitel angenommen, dass das Ziel meines Projekts entweder eine vollumfängliche Dekolonisierung der kritischen Theorie oder die Neugründung einer dekolonialen kritischen Theorie ist. Unter dieser Voraussetzung muss freilich Irritation darüber entstehen, dass sich das Buch nicht ausreichend mit dekolonialen Autoren und Texten auseinandersetzt und zu sehr auf dem Terrain der europäischen kritischen Theorie verbleibt, um diese Ziele zu erreichen. Ich gebe zu, dass sich das Buch zwar einem breiteren Spektrum nichteuropäischer Autorinnen und Autoren hätte widmen können, halte es aber für wichtig, darauf hinzuweisen, dass mein Ziel doch sehr
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viel bescheidener ist, als es diese Deutung annimmt. Wie der Untertitel schliesslich auch besagt, richtet sich die »Dekolonisierungsabsicht« des Buchs auf einen wesentlich spezifischeren, aber dennoch wichtigen Adressaten, nämlich auf das Bemühen der kritischen Theorie darum, ihre normativen Grundlagen entweder in teleologischen Theorien historischen Fortschritts oder in fundamentalistischen Vernunftkonzeptionen wurzeln zu lassen.Was soll hier überhaupt unter »Dekolonisierung« verstanden werden? Dekolonisierung heisst, die Verwicklungen dieser Strategien zur Begründung von Normativität mit ideologisch eurozentrischen Auffassungen von Vernunft und Fortschritt einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Es heisst, anders ausgedrückt, bestimmte Elemente post- und dekolonialer Kritik (womit die wichtigen Unterschiede zwischen diesen beiden Arten von Kritik nicht übergangen werden sollen, sondern nur gesagt sein soll, dass sie in ihrer Kritik an eurozentrischen Vorstellungen von Vernunft und Fortschritt übereinstimmen) auf die zentralen Strategien zur Normativitätsbegründung in der kritischen Theorie der Gegenwart anzuwenden. Und es heisst, aus dem Inneren der Tradition der kritischen Theorie heraus eine alternative Weise des Nachdenkens über Normativität zu entwickeln, die dieser post- und dekolonialen Art von Kritik gegenüber nicht anfällig ist.Es mag nicht allzu sehr überraschen, dass angesichts der Absicht des vorliegenden Buchs, einen Austausch zwischen der kritischen Theorie der Frankfurter Schule und der post-/dekolonialen Theorie dadurch anzustossen, dass es eben genau das aus dem Weg räumt, was ich für eines der Haupthindernisse eines solchen Austauschs halte, die kritischen Reaktionen bisher eher geteilt waren. Einige der der gegenwärtigen Frankfurter Schule wohlgesonnene Kritikerinnen und Kritiker hielten meine Ausführungen zu Jürgen Habermas, Axel Honneth und Rainer Forst für so harsch und so wenig wohlwollend, dass sie sie als an eine Strohmann- oder sogar Ad-homin
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Inhaltsverzeichnis zu „Das Ende des Fortschritts “
Vorwort zur deutschen Ausgabe von 201911Vorwort und Dank17Siglenverzeichnis27Kapitel 1: Kritische Theorie und die Idee des Fortschritts31Fortschritt und die Normativität der kritischen Theorie37Die Kolonialität der Macht. Die politisch-epistemologische Kritik am Fortschritt als »Tatsache«48Die Problematisierung des Fortschritts 59Überblick über das Buch69Kapitel 2: Von der sozialen Evolution zu den multiplen Modernen.Geschichte und Normativität bei Habermas 73Der letzte Marxist? Soziale Evolution und die Rekonstruktion des Historischen Materialismus76Moderne und Normativität in der Theorie des kommunikativen Handelns87Von Hegel zu Kant und wieder zurück. Habermas' Diskursethik100Eurozentrismus, multiple Modernen und historischer Fortschritt106Kapitel 3: Die Unhintergehbarkeit des Fortschritts?Honneths hegelianischer Kontextualismus121Fortschritt und kritische Theorie125Soziale Freiheit als Fortschritt132Die Unhintergehbarkeit des Fortschritts?139Historischer Fortschritt und Normativität 153Kapitel 4: Vom hegelianischen Rekonstruktivismus zum kantischenKonstruktivismus. Forsts Theorie der Rechtfertigung169Fortschritt in Richtung der Gerechtigkeit172Konstruktivismus versus Rekonstruktivismus, Universalismus versus Kontextualismus.Das grundlegende Recht auf Rechtfertigung 176Praktische Vernunft, Autoritarismus und Unterordnung185Das Wichtigste zuerst. Macht und die Methodologie der kritischen Theorie196Kapitel 5: Von der Dialektik der Aufklärung zur Geschichte des Wahns.Foucault als Adornos anderer »anderer Sohn«217Die Dialektik des Fortschritts. Adorno und die Geschichtsphilosophie221Hegel entdialektisieren. Foucault und das historische historische Apriori 232Kritik als historische Problematisierung. Adorno und Foucault243Adorno, Foucault und das »Postkoloniale«257Kapitel 6: Schluss: »Wahrheit«, Vernunft und Geschichte265Verlernen, epistemische Bescheidenheit und metanormativer Kontextualismus270Die Unreinheit der praktischen Vernunft (Reprise)282Fortschritt, in der
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Geschichte290Coda. Eine Kritikalisierung der postkolonialen Theorie295Nachwort von Martin Saar297Anmerkungen 307Literatur 337
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Autoren-Porträt von Amy Allen
Amy Allen ist Professorin für Philosophie, Frauen- Gender- und Sexualwissenschaften an der Pennsylvania State University und eine der bedeutendsten feministischen Theoretikerinnen der Vereinigten Staaten. Zuletzt erschienen von ihr »The Power of Feminist Theory: Domination, Resistance, Solidarity« (1999) und »The Politics of Our Selves: Power, Autonomy, and Gender in Contemporary Critical Theory« (2008).
Bibliographische Angaben
- Autor: Amy Allen
- 2019, 349 Seiten, Masse: 14,2 x 21,3 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzer: Frank Lachmann
- Verlag: CAMPUS VERLAG
- ISBN-10: 3593510855
- ISBN-13: 9783593510859
- Erscheinungsdatum: 13.11.2019
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