Elfenlied / Die Elfen Bd.5
In Albenmark kämpfen Elfen und Natur mit einem verfrühten, bitterkalten Winter. Doch als die zauberhaften Blütenfeen sterben und mit ihnen ihre magischen Lieder, erkennt die Elfenkönigin Emerelle die Gefahr. Ihr Schwertmeister Ollowain...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Elfenlied / Die Elfen Bd.5 “
In Albenmark kämpfen Elfen und Natur mit einem verfrühten, bitterkalten Winter. Doch als die zauberhaften Blütenfeen sterben und mit ihnen ihre magischen Lieder, erkennt die Elfenkönigin Emerelle die Gefahr. Ihr Schwertmeister Ollowain und die rebellische Koboldin Ganda müssen den Schlüssel zum Geheimnis der Kälte finden. Eine Reise an einen weit entfernten Ort voll düsterer Gefahr" beginnt.
"Hennens Elfen-Romane gehören zum Besten, was die Fantasy je hervorgebracht hat."
Wolfgang Hohlbein
Klappentext zu „Elfenlied / Die Elfen Bd.5 “
Ein neues grosses "Elfen"-AbenteuerIn der Welt der Elfen gelten die fuchsköpfigen Lutin als ein Volk von Beutelschneidern, Lügnern und Betrügern. Dennoch gelingt es der jungen Ganda Silberhand, zur Vertrauten der Elfenkönigin Emerelle auserwählt zu werden. Was Emerelle nicht ahnt, Ganda gehört zu den Anführern einer Widerstandsgruppe gegen die Herrschaft der Elfen. Als Ganda sich als eine der engsten Beraterinnen des Trollherrschers am Sturz der Königin beteiligt, stösst sie auf eine unglaubliche Verschwörung, die Albenmark noch tiefgreifender verändern könnte als der Krieg zwischen Elfen und Trollen. Ein Geheimnis, das bereits ihren Vater und ihre Mutter getötet hat. Doch Ganda ist eine Lutin - und Lutin sind dickköpfig und mutig. So gerät sie schon bald in gefährliches Abenteuer, dass das Schicksal aller Völker Albenmarks für immer bestimmen wird ...
»Elfenlied« versammelt neben der Novelle über das Geheimnis Gandas einen Gedichtzyklus, der vom Leben der Blütenfee Mondblüte erzählt, einen umfangreichen Bildteil mit Fotos und Illustrationen sowie eine Zeitleiste zu den wichtigsten Ereignissen aus Bernhard Hennens grosser Elfensaga.
Klappenbroschur
Lese-Probe zu „Elfenlied / Die Elfen Bd.5 “
Elfenlied von Bernhard Hennen Dem Ende nah
Ich kann sie graben hören. Es ist ein beständiges, leises Schaben und Kratzen. Ich weiß nicht, wie nah sie mir schon sind. Ich glaube, mir bleibt noch ein Tag. Vielleicht auch zwei. Ich mache mir keine falschen Hoffnungen darüber, was geschehen wird, wenn sie zu mir vordringen. Die Elfenfürstin Alathaia steht nicht in dem Ruf, großmütig zu sein, schon gar nicht gegenüber jenen, die sie hintergangen und bestohlen haben. Ihre Magie hat hier unten, tief im Herzen eines Berges im alten Drachenland, keine Macht. Nur deshalb lebe ich noch. Doch es gibt aus dieser Höhle keinen zweiten Ausgang. Der Spalt im Boden, durch den ich Wasser rauschen höre, ist zu schmal, als dass ich mich hindurchzwängen könnte. Mir bleibt nichts, als hier zu sitzen und darauf zu warten, dass die Elfen kommen. So will ich meine letzten Stunden nutzen, um meine Geschichte aufzuschreiben. Und wer zwischen den Zeilen zu lesen vermag, der wird verstehen, warum ich ruhigen Herzens bin. Alathaia kann mich töten, aber ich werde sie dennoch besiegt haben. Ich, Ganda, eine Lutin!
Ich weiß, die Meinen haben selbst nach den Maßstäben, die man gemeinhin für Kobolde anlegt, einen schlechten Ruf. Wir Lutin sind das einzige Volk, das kein eigenes Land er- hielt, als die Alben die Welt erschufen. Wir wandern unstet von einem Ort zum anderen. Wir verstehen uns gut auf Magie und darauf, die geheimen, magischen Pfade der Alben zu finden. Wir gelten als Diebe und Betrüger. Man traut uns jeden Verrat zu, und ich muss gestehen, das meiste, was man über uns erzählt, ist nicht erfunden.
... mehr
Wir Lutin reichen den Elfen kaum bis zu den Knien. Man übersieht uns gern, was für Diebe nicht von Nachteil ist. Doch obwohl wir so klein von Gestalt sind, haben wir in den letzten zwanzig Jahresläufen die Geschicke einer ganzen Welt in neue Bahnen gelenkt. Aber ich will nicht vorgreifen. Ich sollte ganz am Anfang beginnen.
An meine frühe Kindheit vermag ich mich kaum zu erinnern. Ich weiß, dass meine Mutter gern reiste. Ich sehe noch ihr Lieblingskleid vor mir, bunt und mit Perlen bestickt, so wie die Tasche, die sie stets über der Schulter trug. Sie schmückte ihren Finger mit einem Ring aus sich windenden Schlangen, den ich als Kind abwechselnd schrecklich oder schlichtweg faszinierend fand. Sosehr ich mich jedoch anstrenge, kann ich mir das Gesicht meiner Mutter beim besten Willen nicht ins Gedächtnis rufen. Ihre Stimme habe ich allerdings nicht vergessen, sie war warm und freundlich.
Wohin wir auch reisten, Mutter schien immer rastlos zu bleiben. Nirgends verweilten wir länger als ein paar Tage. Sie war eine meisterhafte Diebin. Hunger kannte ich als Kind keinen. Aber die Angst vor dem Dunkel jenseits der Albenpfade, über die sie mich so oft trug, hat sich tief in meine Seele gefressen. Dieses Gefühl, belauert zu werden ...
Ich bin dankbar für das geisterhafte Licht, das in den Kristallen der Höhlenwände hier flackert. Dabei zerbreche ich mir nicht den Kopf, welchen Ursprung es haben mag. Ich bin einfach nur dankbar. Es vertreibt das Dunkel und erlaubt mir, diese Zeilen niederzuschreiben.
Meine Mutter zeigte mir die schönsten Orte dieser Welt, wie das melancholische Vahan Calyd, in dem in den achtundzwanzig Jahren zwischen zwei Königswahlen nur einige Holde und die Winterkrabben aus den nahen Mangroven leben. Ich besuchte die Elfenstädte, die tief in den Bergen der Snaiwamark und Carandamons liegen. Ich war Zeuge, wie die Kentauren mit ihren Herden durch das verschneite Windland ziehen, bin in Reilimee gewesen, bevor die Trolle es heim- suchten und als die Stadt noch so reich war, dass selbst die Bettler Silberschalen besaßen. Ich sah den Frühlingsnebel über den verwunschenen Seen Arkadiens und die Fürstengräber der Lamassu, in denen dieses seltsame Volk seine Herrscher lebendig einmauert, wenn ihre Zeit gekommen ist. Es sollten Jahre vergehen, bis ich begriff, warum meine Mutter so viel reiste und wie meisterlich sie mich getäuscht hatte. Und nicht nur mich ...
Ich wünschte, ich hätte sie besser gekannt. Wenn ich jetzt an sie zurückdenke, habe ich das Gefühl, als läge ein heimtückischer Fluch auf mir. Ich sehe wieder ihr Kleid vor Augen. Und ganz deutlich höre ich noch die letzten Worte, die sie zu mir sagte: Ich bin kurz Wasser holen.
Ich weiß, ich habe sie danach noch einmal gesehen, denn ich erinnere mich daran, wie ihre Tasche zwischen leuchtend roten Mohnblüten am Ufer eines Baches lag. Das Kästchen mit den Intarsien aus Pferdezähnen, das einmal darin gesteckt hatte, war verschwunden. Meine Mutter muss neben der Tasche gelegen haben. Im Schatten des Felsens, der an einen kauernden Bären gemahnte. Ich glaube, ich habe sehr lange gewartet, bis ich zum Bach ging. Sie hatte mir stets eingeschärft, mich zu verstecken und keinen Laut von mir zu geben, wenn sie nicht bei mir war. Ihrem Mörder scheine ich egal gewesen zu sein; anders kann ich mir nicht erklären, dass ich verschont blieb.
Was ich danach tat – ich weiß es nicht. Meine Erinnerung daran ist vollkommen erloschen. Ich muss wohl hinaus ins weite Grasland gelaufen sein.
In späteren Jahren habe ich manches Mal versucht, den Ort wiederzufinden, an dem meine Mutter starb. Ich wollte von ihr Abschied nehmen. Wollte Gewissheit haben ... Hatte sich jemand ihrer erbarmt und sie begraben oder ihren Leichnam verbrannt? Wurde sie zum Fraß der Wildtiere? Den Bach mit den Mohnblüten am Ufer, dem Birkenhain und dem markan- ten Felsen habe ich nie wiedergefunden. Manchmal fragte ich mich, ob sie wirklich gestorben war. Warum erinnerte ich mich nicht an sie? Vielleicht, weil sie gar nicht dort gewesen war? Aber lässt eine Mutter ihr Kind allein in der Wildnis zurück?
Dies alles geschah im nördlichen Windland, zu jener Zeit, als die Kentauren noch gut auf mein Volk zu sprechen waren. Es war Boras vom Klan der Frostkinder, der mich verloren im weiten Grasmeer fand. Er stolperte fast über mich, denn das Gras ragte weit über meinen Kopf hinaus. Ich glaube, er war ein wenig betrunken; er roch nach vergorener Stutenmilch.
Und während ich versuchte, mich so klein wie möglich zu machen, hob er mich auf und betrachtete mich wie einen äußerst ungewöhnlichen Käfer.
Er war guter Laune, fragte mich nach meiner Mutter aus, und als ich nur zusammenhanglos vor mich hin stammelte, entschied er, mich mitzunehmen. »Wenn ich es nicht tue, erledigt das noch einer der Steppenadler«, sagte er und hielt das wohl für einen besonders gelungenen Scherz, denn er brach in schallendes Gelächter aus.
Er hielt mich im Arm, weil er wohl Angst hatte, ich würde ihm vom Rücken purzeln, wenn ich versuchte, auf ihm zu reiten. Grassamen klebten auf seiner schweißnassen Brust.
»Wir laufen jetzt mit dem Wind um die Wette, Kleines. Da vergisst man alle Sorgen!«
Er hatte recht. Während er mit donnernden Hufen den Schatten ziehender Wolken nachjagte, schlief ich in seinen Armen ein.
Sein Klan war ein kümmerlicher Haufen, nicht einmal dreißig Köpfe zählte er. Eine mickerige Pferdeherde war ihr einziger Schatz. Mit ihr zogen sie über das Land. Ihre Habseligkeiten konnten sie auf einem einzigen Karren mit sich führen. Zwei große Kupferkessel, ein paar alte Waffen und lederne Planen, die sie an stürmischen Tagen zum Schutz gegen den Wind aufspannten, das war all ihr Besitz. Sie lebten von der Hand in den Mund.
Boras erklärte, dass ich künftig eine von ihnen sei. Und Boras widersprach man nicht. Er war wie ein Fels. Nichts konnte ihn erschüttern. Und er betrachtete mich als seine Glücksbringerin, denn in der Nacht des Tages, an dem er mich fand, zog ein Stern mit einem Feuerschweif über die Steppe nach Norden, zur Snaiwamark hin. Das Knochenorakel der Schamanin verkündete ihm, dass ihm einst eine Tochter geboren würde, die den Namen seines Klans bis ans Ende aller Tage berühmt machen würde.
Ich weiß nicht, wie man aus einem Haufen abgenagter Kaninchenknochen die Zukunft lesen kann, aber viel später, als Boras schon lange zu seinen Ahnen gegangen war, begegnete ich seiner Tochter Kirta auf einem Totenfest. Und es stimmte, zu jener Zeit waren ihr Name und der ihres Gemahls Nestheus in aller Munde.
Damals aber, nachdem er mich gefunden hatte, behandelte mich Boras, als sei ich seine Tochter. Er hielt mich in den Armen und wärmte mich in langen Winternächten. Und er nahm mich in einer Satteltasche mit, die mit Lammfell ausgeschlagen war, wann immer er die Herde hütete. Nur ein einziges Mal habe ich ihn in gedrückter Stimmung erlebt.
Der Winter war entbehrungsreich. Ich lernte den Hunger kennen. Und doch war ich glücklich. Zum ersten Mal hatte ich eine Familie.
© Heyne Verlag
An meine frühe Kindheit vermag ich mich kaum zu erinnern. Ich weiß, dass meine Mutter gern reiste. Ich sehe noch ihr Lieblingskleid vor mir, bunt und mit Perlen bestickt, so wie die Tasche, die sie stets über der Schulter trug. Sie schmückte ihren Finger mit einem Ring aus sich windenden Schlangen, den ich als Kind abwechselnd schrecklich oder schlichtweg faszinierend fand. Sosehr ich mich jedoch anstrenge, kann ich mir das Gesicht meiner Mutter beim besten Willen nicht ins Gedächtnis rufen. Ihre Stimme habe ich allerdings nicht vergessen, sie war warm und freundlich.
Wohin wir auch reisten, Mutter schien immer rastlos zu bleiben. Nirgends verweilten wir länger als ein paar Tage. Sie war eine meisterhafte Diebin. Hunger kannte ich als Kind keinen. Aber die Angst vor dem Dunkel jenseits der Albenpfade, über die sie mich so oft trug, hat sich tief in meine Seele gefressen. Dieses Gefühl, belauert zu werden ...
Ich bin dankbar für das geisterhafte Licht, das in den Kristallen der Höhlenwände hier flackert. Dabei zerbreche ich mir nicht den Kopf, welchen Ursprung es haben mag. Ich bin einfach nur dankbar. Es vertreibt das Dunkel und erlaubt mir, diese Zeilen niederzuschreiben.
Meine Mutter zeigte mir die schönsten Orte dieser Welt, wie das melancholische Vahan Calyd, in dem in den achtundzwanzig Jahren zwischen zwei Königswahlen nur einige Holde und die Winterkrabben aus den nahen Mangroven leben. Ich besuchte die Elfenstädte, die tief in den Bergen der Snaiwamark und Carandamons liegen. Ich war Zeuge, wie die Kentauren mit ihren Herden durch das verschneite Windland ziehen, bin in Reilimee gewesen, bevor die Trolle es heim- suchten und als die Stadt noch so reich war, dass selbst die Bettler Silberschalen besaßen. Ich sah den Frühlingsnebel über den verwunschenen Seen Arkadiens und die Fürstengräber der Lamassu, in denen dieses seltsame Volk seine Herrscher lebendig einmauert, wenn ihre Zeit gekommen ist. Es sollten Jahre vergehen, bis ich begriff, warum meine Mutter so viel reiste und wie meisterlich sie mich getäuscht hatte. Und nicht nur mich ...
Ich wünschte, ich hätte sie besser gekannt. Wenn ich jetzt an sie zurückdenke, habe ich das Gefühl, als läge ein heimtückischer Fluch auf mir. Ich sehe wieder ihr Kleid vor Augen. Und ganz deutlich höre ich noch die letzten Worte, die sie zu mir sagte: Ich bin kurz Wasser holen.
Ich weiß, ich habe sie danach noch einmal gesehen, denn ich erinnere mich daran, wie ihre Tasche zwischen leuchtend roten Mohnblüten am Ufer eines Baches lag. Das Kästchen mit den Intarsien aus Pferdezähnen, das einmal darin gesteckt hatte, war verschwunden. Meine Mutter muss neben der Tasche gelegen haben. Im Schatten des Felsens, der an einen kauernden Bären gemahnte. Ich glaube, ich habe sehr lange gewartet, bis ich zum Bach ging. Sie hatte mir stets eingeschärft, mich zu verstecken und keinen Laut von mir zu geben, wenn sie nicht bei mir war. Ihrem Mörder scheine ich egal gewesen zu sein; anders kann ich mir nicht erklären, dass ich verschont blieb.
Was ich danach tat – ich weiß es nicht. Meine Erinnerung daran ist vollkommen erloschen. Ich muss wohl hinaus ins weite Grasland gelaufen sein.
In späteren Jahren habe ich manches Mal versucht, den Ort wiederzufinden, an dem meine Mutter starb. Ich wollte von ihr Abschied nehmen. Wollte Gewissheit haben ... Hatte sich jemand ihrer erbarmt und sie begraben oder ihren Leichnam verbrannt? Wurde sie zum Fraß der Wildtiere? Den Bach mit den Mohnblüten am Ufer, dem Birkenhain und dem markan- ten Felsen habe ich nie wiedergefunden. Manchmal fragte ich mich, ob sie wirklich gestorben war. Warum erinnerte ich mich nicht an sie? Vielleicht, weil sie gar nicht dort gewesen war? Aber lässt eine Mutter ihr Kind allein in der Wildnis zurück?
Dies alles geschah im nördlichen Windland, zu jener Zeit, als die Kentauren noch gut auf mein Volk zu sprechen waren. Es war Boras vom Klan der Frostkinder, der mich verloren im weiten Grasmeer fand. Er stolperte fast über mich, denn das Gras ragte weit über meinen Kopf hinaus. Ich glaube, er war ein wenig betrunken; er roch nach vergorener Stutenmilch.
Und während ich versuchte, mich so klein wie möglich zu machen, hob er mich auf und betrachtete mich wie einen äußerst ungewöhnlichen Käfer.
Er war guter Laune, fragte mich nach meiner Mutter aus, und als ich nur zusammenhanglos vor mich hin stammelte, entschied er, mich mitzunehmen. »Wenn ich es nicht tue, erledigt das noch einer der Steppenadler«, sagte er und hielt das wohl für einen besonders gelungenen Scherz, denn er brach in schallendes Gelächter aus.
Er hielt mich im Arm, weil er wohl Angst hatte, ich würde ihm vom Rücken purzeln, wenn ich versuchte, auf ihm zu reiten. Grassamen klebten auf seiner schweißnassen Brust.
»Wir laufen jetzt mit dem Wind um die Wette, Kleines. Da vergisst man alle Sorgen!«
Er hatte recht. Während er mit donnernden Hufen den Schatten ziehender Wolken nachjagte, schlief ich in seinen Armen ein.
Sein Klan war ein kümmerlicher Haufen, nicht einmal dreißig Köpfe zählte er. Eine mickerige Pferdeherde war ihr einziger Schatz. Mit ihr zogen sie über das Land. Ihre Habseligkeiten konnten sie auf einem einzigen Karren mit sich führen. Zwei große Kupferkessel, ein paar alte Waffen und lederne Planen, die sie an stürmischen Tagen zum Schutz gegen den Wind aufspannten, das war all ihr Besitz. Sie lebten von der Hand in den Mund.
Boras erklärte, dass ich künftig eine von ihnen sei. Und Boras widersprach man nicht. Er war wie ein Fels. Nichts konnte ihn erschüttern. Und er betrachtete mich als seine Glücksbringerin, denn in der Nacht des Tages, an dem er mich fand, zog ein Stern mit einem Feuerschweif über die Steppe nach Norden, zur Snaiwamark hin. Das Knochenorakel der Schamanin verkündete ihm, dass ihm einst eine Tochter geboren würde, die den Namen seines Klans bis ans Ende aller Tage berühmt machen würde.
Ich weiß nicht, wie man aus einem Haufen abgenagter Kaninchenknochen die Zukunft lesen kann, aber viel später, als Boras schon lange zu seinen Ahnen gegangen war, begegnete ich seiner Tochter Kirta auf einem Totenfest. Und es stimmte, zu jener Zeit waren ihr Name und der ihres Gemahls Nestheus in aller Munde.
Damals aber, nachdem er mich gefunden hatte, behandelte mich Boras, als sei ich seine Tochter. Er hielt mich in den Armen und wärmte mich in langen Winternächten. Und er nahm mich in einer Satteltasche mit, die mit Lammfell ausgeschlagen war, wann immer er die Herde hütete. Nur ein einziges Mal habe ich ihn in gedrückter Stimmung erlebt.
Der Winter war entbehrungsreich. Ich lernte den Hunger kennen. Und doch war ich glücklich. Zum ersten Mal hatte ich eine Familie.
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Autoren-Porträt von Bernhard Hennen
Bernhard Hennen, 1966 geboren, studierte Germanistik, Geschichte und Vorderasiatische Altertumskunde. Mit seiner »Elfen«-Saga stürmte er alle Bestsellerlisten und schrieb sich an die Spitze der deutschen Fantasy-Autoren. Bernhard Hennen lebt mit seiner Familie in Krefeld.
Bibliographische Angaben
- Autor: Bernhard Hennen
- 2009, Originalausgabe, 320 Seiten, Masse: 12,5 x 20 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453524225
- ISBN-13: 9783453524224
- Erscheinungsdatum: 05.02.2009
Rezension zu „Elfenlied / Die Elfen Bd.5 “
"Bernhard Hennen erschafft eine bildgewaltige und fesselnde Welt, in die der Leser vollkommen eintaucht. Ein Fantasy-Grossereignis!"
Pressezitat
"Bernhard Hennens 'Elfen'-Romane gehören zum Besten, was die Fantasy je hervorgebracht hat." Wolfgang Hohlbein
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