Lucas
Deutscher Jugendliteraturpreis 2006
- Kreditkarte, Paypal, Rechnungskauf
- 30 Tage Widerrufsrecht
Deutscher Jugendliteraturpreis 2006
Im Rückblick schreibt Caitlin die Geschichte des letzten Sommers auf - des Sommers, in dem Lucas auf ihre Insel kam und in dem die Welt ihrer Kindheit zerbrach. Während sie selbst vom ersten Moment an fasziniert ist von jenem Fremden, der schön ist und geheimnisvoll, von nirgendwoher zu kommen scheint und sich jeder Einordnung entzieht, reagieren die meisten Inselbewohner misstrauisch und vorurteilsvoll. Caitlin freundet sich mit Lucas an und beginnt sich sogar in ihn zu verlieben.
Zugleich muss sie miterleben, wie ihm die Erwachsenen alle krummen Dinger in die Schuhe schieben wollen, die in der Gegend passieren, und wie die tonangebende Jugendclique ihn verspottet und verfolgt. Auch Caitlin selbst zieht nun Hass auf sich und gerät in Gefahr. Und es kommt immer schlimmer: Eben noch galt Lucas schlicht als unerwünschter Herumtreiber, dann unterstellt man ihm, er habe ein kleines Mädchen belästigt, das er in Wirklichkeit vorm Ertrinken gerettet hat. Als auf der Insel eine junge Frau ermordet in den Dünen gefunden wird, ist für Caitlin erschütternd klar, was passieren wird. Hat sie eine Chance, Lucas vor der gnadenlosen Hetzjagd zu schützen, die nun beginnt?
Ausgezeichnet mit dem Buxtehuder Bullen
Ausgezeichnet mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2006 (Jugendjury)
Nominiert für den Gustav-Heinemann-Friedenspreis
Auf der Empfehlungsliste der Besten 7 (Deutschlandfunk/Focus) im Juni 2005
Eule des Monats Juli 2005, verliehen vom Bulletin für Kinder- und Jugendliteratur
Lucasvon Kevin Brooks
LESEPROBE
Als wir näher kamen, konnte ich die Gestalt besserwahrnehmen. Es war ein junger Mann oder ein Junge, lässig angezogen mitgraugrünem T-Shirt und ausgebeulter grüner Hose. Er hatte sich eine Armyjacke um die Taille gebunden und eine grüneLeinentasche über die Schulter geworfen. Das Einzige an ihm, was nicht grünwar, waren die zerschlissenen schwarzen Boots an seinen Füssen. Auch wenn ereher klein wirkte, war er doch nicht so schmächtig, wie ich anfangs gedachthatte. Er war zwar nicht unbedingt muskulös, aber er sah auch nicht ebenschwächlich aus. Es ist schwer zu erklären. Er besass so etwas wie eineverborgene Kraft, eine anmutige Stärke, die sich in seiner Ausgeglichenheitzeigte, in seiner Haltung, in der Art, wie er ging ...
Wie ich schon sagte, wenn ich an Lucas Gang denke, muss ichjedes Mal lächeln. Ich habe diesen Gang noch unglaublich lebendig inErinnerung; sobald ich meine Augen schliesse, sehe ich ihn genau vor mir. Einlockeres Traben. Schön und stetig. Nicht zu schnell und nicht zu langsam.Schnell genug, um irgendwo hinzukommen, aber nicht so schnell, dass erunterwegs etwas verpassen würde. Federnd, lebhaft, entschlossen, unbeschwertund ohne Eitelkeit. Ein Gang, der sich in alles, was ihn umgab, einfügte unddoch von allem unberührt blieb. Man kann an der Art, wie Menschen gehen, vielüber sie erfahren.
Als der Wagen noch näher herankam, merkte ich, dass Dad und Dominic aufgehört hatten zu reden, und ich war mirplötzlich einer eigenartigen, fast geisterhaften Stille bewusst, die in derLuft lag, nicht nur im Auto, sondern auch draussen. Die Vögel hatten aufgehörtzu singen, der Wind hatte sich gelegt und der Himmel am Horizont hatte sich zumstrahlendsten Blau aufgehellt, das ich je gesehenhabe. Es war wie in einer dieser Filmszenen in Zeitlupe, die in absoluterStille ablaufen, wenn einem die Haut anfängt zu prickeln und man einfach weiss,dass jeden Moment etwas Gewaltiges passieren wird.
Dadfuhr mit mehr oder weniger gleich bleibender Geschwindigkeit, wie er das immertut, aber jetzt schien es, als würden wir uns kaum bewegen. Ich konnte dieReifen auf der trockenen Strasse summen hören und die Luft, die am Fenstervorbeisauste, und ich konnte die Geländer auf beiden Seiten in verschwommenemWeiss vorbeizucken sehen, daher wusste ich, dass wir uns bewegten, aber dieEntfernung zwischen uns und dem Jungen schien sich nicht zu verändern.
Es war unheimlich. Fast wie ein Traum. Dann, mit einem Mal,schienen Zeit und Entfernung wieder voranzutaumeln und wir fuhren auf gleicheHöhe mit dem Jungen. Als es so weit war, wandte er seinen Kopf und sah uns an.Nein, das ist falsch - er wandte seinen Kopf und sah mich an. Genau mich. (Alsich vor kurzem mit Dad darüber sprach, sagte er, erhätte genau das gleiche Gefühl gehabt - dass Lucas ihn ansah, als wäre er dieeinzige Person auf der ganzen Welt.)
Es war ein Gesicht, das ich nie vergessen werde. Nichteinfach wegen seiner Schönheit - obwohl Lucas ohne jeden Zweifel schön war -,sondern mehr wegen seines wunderlichen Ausdrucks, jenseits von allem zu sein.Jenseits der blassblauen Augen, der zerzausten Haare und des traurigenLächelns... jenseits all dessen gab es noch etwas anderes.
Etwas... Ich weiss noch immer nicht, was es war.
Dominic brach den Bann, indem er aus dem Fenster starrte undstöhnte: »Was ist das denn für einer, verdammt?« Unddann war der Junge fort, vorübergesaust in den Hintergrund, während wir denDamm verliessen und abdrehten Richtung Osten der Insel.
Ich wollte zurückschauen. Ich war wild entschlossenzurückzuschauen. Aber ich konnte nicht. Ich hatte Angst, dass er vielleichtnicht mehr da war.
Der Rest der Fahrt hatte etwas von einem verschwommenenBild. Ich erinnere mich, dass Dad ein eigenartigesschniefendes Geräusch machte und mich im Spiegel ansah, dann räusperte er sichund fragte, ob mit mir alles in Ordnung sei.
Und ich weiss noch, wie ich antwortete: »Hm hmm.« Und dass Dominic fragte:»Kennst du ihn, Cait?«»Wen?«
»Den Gammeltypen, den kleinen Lump... dieses komische Etwas,das du da eben angestarrt hast.« »Halt die Klappe, Dominic.«
Er lachte und äffte mich nach - »Halt die Klappe, Dominic.« - und dann wechselte er das Thema. Ich erinnere mich, wieDad einen Gang herunterschaltete und danach den Wagenin einem seltenen Ausbruch von Vertrauen den Black Hill hochjagte, und ganzvage erinnere ich noch, dass wir an dem Schild BewareTractors, zu Deutsch: Vorsicht, Traktoren,vorbeifuhren, von dem allerdings die beiden Buchstaben T und r durch eine Heckeverdeckt sind, sodass man liest: Beware actors - Vorsicht, Schauspieler. Jedes Mal, wenn wir dranvorbeifahren, sagt einer von uns: Guck mal, John Wayne! Oder Hugh Grant oderBrad Pitt... Aber ich erinnere mich nicht, wer es an dem Nachmittag sagte. Ichwar eine Zeit lang irgendwo anders. Wo, weiss ich nicht.
Alles, woran ich mich erinnere, ist ein seltsames Schwirrenin meinem Kopf, eine derart intensive Erregung und Trauer, wie ich sie noch niezuvor erlebt hatte und vielleicht auch nie wieder spüren werde. Es war, als obich gewusst hätte - da schon -, was passieren würde.
© dtv
Übersetzung: Uwe-Michael Gutzschhahn
Kevin Brooks, geboren 1959, wuchs in einem kleinen Ort namens Pinhoe in der Nähe von Exeter/Südengland auf. Nach seinem Studium verdiente er sein Geld lange Zeit mit Gelegenheitsjobs. Seit dem überwältigenden Erfolg seines Debütromans 'Martyn Pig' widmet er sich ganz dem Schreiben. Für seine Arbeiten wurde er mit renommierten Preisen ausgezeichnet, u.a. mehrfach mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis sowie der Carnegie Medal für 'Bunker Diary'. Er schreibt auch Thriller für Erwachsene. Gutzschhahn, Uwe-Michael
Uwe-Michael Gutzschhahn, geboren 1952, studierte Anglistik und Germanistik und schloss sein Studium mit der Promotion ab. Er war viele Jahre als programmverantwortlicher Lektor in diversen Verlagen tätig und lebt heute als Autor, Übersetzer, Herausgeber und freier Lektor in München. Seine Bücher wurden vielfach prämiert, für sein Gesamtwerk als Übersetzer erhielt er den Deutschen Jugendliteraturpreis.
- Autor: Kevin Brooks
- Altersempfehlung: Ab 14 Jahre
- 2007, 12. Aufl., 448 Seiten, Masse: 13,8 x 19,3 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Uwe-Michael Gutschhahn
- Verlag: DTV
- ISBN-10: 3423709138
- ISBN-13: 9783423709132
- Erscheinungsdatum: 01.04.2005
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
5 von 5 Sternen
5 Sterne 8Schreiben Sie einen Kommentar zu "Lucas".
Kommentar verfassen