Star Wars, Darth Plagueis
Deutsche Erstausgabe
Der Roman, auf den jeder Star-Wars-Fan gewartet hat ...
"Darth Plagueis war ein Dunkler Lord der Sith, derart mächtig und weise, dass er die Macht nutzen konnte, um Leben zu erschaffen. Er hatte ein so ungeheures Wissen um die Dunkle Seite, dass er...
"Darth Plagueis war ein Dunkler Lord der Sith, derart mächtig und weise, dass er die Macht nutzen konnte, um Leben zu erschaffen. Er hatte ein so ungeheures Wissen um die Dunkle Seite, dass er...
Jetzt vorbestellen
versandkostenfrei
Taschenbuch
Fr. 18.90
inkl. MwSt.
- Kreditkarte, Paypal, Rechnungskauf
- 30 Tage Widerrufsrecht
Produktdetails
Produktinformationen zu „Star Wars, Darth Plagueis “
Der Roman, auf den jeder Star-Wars-Fan gewartet hat ...
"Darth Plagueis war ein Dunkler Lord der Sith, derart mächtig und weise, dass er die Macht nutzen konnte, um Leben zu erschaffen. Er hatte ein so ungeheures Wissen um die Dunkle Seite, dass er sogar dazu in der Lage war, das Sterben derjenigen, welche ihm nahestanden, zu verhindern. Was für eine Ironie. Er konnte andere vor dem Tod bewahren, aber sich selbst konnte er nicht retten."
Imperator Palpatine (Star Wars: Episode III - Die Rache der Sith)
"Darth Plagueis war ein Dunkler Lord der Sith, derart mächtig und weise, dass er die Macht nutzen konnte, um Leben zu erschaffen. Er hatte ein so ungeheures Wissen um die Dunkle Seite, dass er sogar dazu in der Lage war, das Sterben derjenigen, welche ihm nahestanden, zu verhindern. Was für eine Ironie. Er konnte andere vor dem Tod bewahren, aber sich selbst konnte er nicht retten."
Imperator Palpatine (Star Wars: Episode III - Die Rache der Sith)
Klappentext zu „Star Wars, Darth Plagueis “
Der Roman, auf den jeder Star-Wars-Fan gewartet hat ...»Darth Plagueis war ein Dunkler Lord der Sith, derart mächtig und weise, dass er die Macht nutzen konnte, um Leben zu erschaffen. Er hatte ein so ungeheures Wissen um die Dunkle Seite, dass er sogar dazu in der Lage war, das Sterben derjenigen, welche ihm nahestanden, zu verhindern. Was für eine Ironie. Er konnte andere vor dem Tod bewahren, aber sich selbst konnte er nicht retten.« Imperator Palpatine (Star Wars: Episode III - Die Rache der Sith)
Lese-Probe zu „Star Wars, Darth Plagueis “
STAR WARSTM - DARTH PLAGUEIS von James LucenoAus dem Englischen von Andreas Kasprzak
Prolog
Ein Beben erschütterte den Planeten. Aus Tod geboren, kam es einer mächtigen Woge gleich über das Gestirn, die sich nicht nur tief in den Kern der Welt bohrte, sondern auch von ihrer lieblichen Atmosphäre ausstrahlte, um die Sterne selbst erzittern zu lassen. Im Epizentrum des Bebens stand Sidious, eine elegante Hand auf dem polierten Sims eines riesigen Fensters ruhend, er selbst ein Gefäß, das mit einem Mal bis zum Bersten voll war. Die Macht war so stark in ihm, dass er fürchtete, womöglich darin zu verschwinden, um niemals wieder zurückzukehren. Gleichwohl stellte der Augenblick nicht so sehr ein Ende, sondern vielmehr einen wahrhaftigen, lange überfälligen Anfang dar. Es war weniger eine Transformation als eine Steigerung des bereits Bestehenden - eine grundlegende Veränderung.
Ein Wirrwarr von Stimmen, nah und fern, aktuell und Äonen alt, überflutete seine Gedanken. Lobpreisend erhoben verkündeten die Stimmen seine Herrschaft und bejubelten den Anbeginn einer neuen Ordnung. Mit gelben Augen blickte Sidious zum Nachthimmel empor und sah, wie die bebenden Sterne aufloderten, und in den Untiefen seines Selbst spürte er, wie die Kraft der Dunklen Seite ihn salbte.
... mehr
Langsam, beinahe widerstrebend, kehrte er in seinen Körper zurück, den Blick auf die manikürten Hände gerichtet. Als er sich wieder in der Gegenwart befand, bemerkte er seinen rasch gehenden Atem, während der Raum hinter ihm sein Bestes tat, den Eindruck zu vermitteln, alles sei wie gehabt. Luftreiniger brummten - kostbare Wandteppiche wogten in der so heraufbeschworenen Brise. Teure Teppiche versiegelten ihre Fasern, damit sich verschüttete Flüssigkeiten nicht ausbreiten konnten. Der Droide wuselte in offenkundiger Verwirrung umher. Sidious drehte sich einmal um sich selbst, um die Unordnung in Augenschein zu nehmen: antike Möbel - umgeworfen; gerahmte Gemälde - schief an den Wänden hängend. Als wäre ein Wirbelsturm durch den Raum gefegt. Auf dem Boden lag, mit dem Gesicht nach unten, eine Statue von Yanjon, einem der vier gesetzgebenden Weisen von Dwartii - ein Kunstwerk, das Sidious insgeheim innig begehrt hatte.
Und auch Plagueis lag dort hingestreckt: seine schlanken Gliedmaßen von sich gereckt und den länglichen Kopf zur Seite gedreht. Er hatte sich herausgeputzt wie für einen festlichen Abend in der Stadt. Nun war er tot ... oder etwa nicht?
Unsicherheit durchfuhr Sidious, und der Zorn kehrte in seine Augen zurück. War dieses Zittern sein eigenes Werk oder eine Vorwarnung? War es möglich, dass der hinterlistige Muun ihn getäuscht hatte? Hatte Plagueis den Schlüssel zur Unsterblichkeit gefunden und am Ende doch überlebt? Ganz gleich, dass das für jemand so Weisen ein kleinlicher Schachzug gewesen wäre - für jemanden, der behauptete, den Großen Plan über alles andere zu stellen. Hatte sich Plagueis in einem selbst gewobenen Netz aus Neid und Habgier verfangen? War er zu einem Opfer seiner ureigenen Machenschaften geworden, in seine eigene Grube gefallen?
Wäre Sidious nicht so um seine eigene Sicherheit besorgt gewesen, hätte er Plagueis vielleicht bedauert.
Als er sich dem Leichnam seines einstigen Meisters vorsichtig näherte, nutzte er die Macht, um den betagten Muun auf den Rücken zu drehen. Aus diesem Blickwinkel sah Plagueis beinahe genauso aus wie damals, als Sidious ihm zum ersten Mal begegnet war, Jahrzehnte zuvor: ebenmäßiger, haarloser Schädel; eine krumme Nase, deren Sattel wie von einem Schockballtreffer abgeflacht wirkte und deren scharf zulaufende Spitze fast gegen die Oberlippe drückte; ein weit vorstehender Unterkiefer; tief eingesunkene Augen, die noch immer vor Gefährlichkeit überquollen - eine physische Eigenschaft, auf die man bei einem Muun nur selten traf. Andererseits war Plagueis weder ein gewöhnlicher Muun noch ein gewöhnliches Wesen gewesen, ganz gleich welcher Spezies.
Sidious sah sich vor und streckte weiterhin seine Machtsinne aus. Bei näherer Betrachtung stellte er fest, dass sich Plagueis' bereits zyanotisches Fleisch glättete, seine Gesichtszüge entspannten sich.
Sidious war sich des Surrens der Luftreiniger und der Geräusche der Außenwelt, die in die luxuriöse Suite drangen, vage bewusst, während er seine Totenwache fortsetzte. Dann richtete er sich erleichtert zu voller Größe auf und stieß den Atem aus. Dies war keine Sith-List. Dies war kein Fall von vorgetäuschtem Tod, vielmehr hielt selbiger Plagueis fest in seiner kalten Umklammerung. Das Wesen, das ihn an die Macht geführt hatte, war nicht mehr.
Die Ironie der Situation ließ Sidious erheitert die Augen zusammenkneifen. Der Muun hätte noch hundert Jahre unbehelligt weiterleben können. Womöglich hätte er sogar ewig gelebt, wenn sein Streben von Erfolg gekrönt gewesen wäre. Letzten Endes jedoch war es ihm nicht gelungen, sich selbst zu retten, auch wenn er andere vor dem Tod bewahren konnte.
Ein triumphales Gefühl der Überlegenheit ließ Sidious' Brust anschwellen, und seine Gedanken schweiften fort.
Nun, das ist nicht annähernd so übel gelaufen, wie wir angenommen hatten ...
Überhaupt entwickelten sich Ereignisse nur selten tatsächlich so, wie man es sich vorstellte. Die Ordnung künftiger Geschehnisse war vergänglich. Auf dieselbe Weise, wie die Vergangenheit durch ausgewählte Erinnerungen »angepasst« wird, waren auch künftige Ereignisse in stetem Wandel. Man konnte bloß instinktiv handeln, sich bewusst an einen vollkommenen Moment klammern und die Initiative ergreifen. Einen Herzschlag später, und das Universum hätte sich neu zusammengefügt. Dann wäre keine Willensanstrengung mehr groß genug gewesen, um die Strömungen des Wandels zu verhindern. Man konnte bloß beobachten und reagieren. Überraschung war das Element, das man in keinem Periodensystem fand. Ein Schlüsselelement, eine fehlende Ingredienz. Die Art und Weise, wie sich die Macht selbst amüsierte. Eine Mahnung an alle empfindungsfähigen Wesen, dass einige Geheimnisse niemals gelüftet werden würden.
Zuversichtlich, dass dem Willen der Dunklen Seite Genüge getan worden war, kehrte er zur Fensterwand der Suite zurück. Zwei Lebewesen in einer Galaxis voller ungezählter Billionen, doch das, was in diesen Räumen geschehen war, würde Einfluss auf ihrer aller Leben haben. Die Galaxis war bereits durch die Geburt von einem von ihnen geformt worden und würde nun durch den Tod des anderen umgestaltet werden. Doch war die Veränderung anderswo gespürt und wahrgenommen worden? Waren sich seine verschworenen Feinde darüber im Klaren, dass sich das Gleichgewicht der Macht unwiderruflich verschoben hatte? Würde das ausreichen, um sie aus ihrer Selbstgerechtigkeit aufzurütteln? Er hoffte, dass dem nicht so war. Denn jetzt konnte das Werk der Vergeltung erst wahrhaft beginnen.
Sein Blick suchte und fand eine aufsteigende Sternenkonstellation, eine voller Macht und Tragweite, die neu am Firmament erstrahlte, selbst wenn sie in Kürze vom ersten Licht der Morgendämmerung überwältigt werden würde. Tief am Horizont über dem Flachland hängend, nur sichtbar für jene, die wussten, wo und wie sie danach Ausschau halten mussten, strebte dieses System einer kühnen Zukunft entgegen. Auf einige mochten die Sterne und Planeten wirken, als würden sie sich genauso bewegen wie seit jeher, dazu bestimmt, sich in Formationen auszurichten, die schon lange vor ihrer feurigen Geburt bestimmt worden waren. In Wahrheit jedoch war der Himmel in Unruhe gestürzt worden, von dunkler Materie in neue, einzigartige Bahnen gezwungen. Sidious hatte den intensiven Geschmack von Blut im Mund. Er spürte, wie das Ungeheuer in seiner Brust emporkroch, aus schattigen Tiefen an die Oberfläche kam und seine Perspektive zu etwas Furchteinflößendem verzerrte, kurz davor, sich der Welt zu offenbaren.
Die Dunkle Seite hatte ihn vereinnahmt, und nun machte Sidious sich seinerseits die Dunkle Seite zu eigen.
Atemlos - nicht vor Anstrengung, sondern wegen des plötzlichen Beseeltseins durch die Macht - kehrte er dem Fenster den Rücken und erlaubte dem Ungetüm, sich durch seinen Körper zu winden wie ein freilaufendes Weide- oder Prärietier. War die Macht schon jemals so stark in jemandem gewesen?
Sidious hatte niemals erfahren, wie Plagueis' eigener Meister sein Ende gefunden hatte. War er durch Plagueis' Hand gestorben? Hatte auch Plagueis einst ein ähnliches Hochgefühl erfahren, als er zum einzigen Sith-Lord in der Galaxis aufstieg? Hatte sich das Ungeheuer der Endzeit damals ebenfalls erhoben, um die Welt zu beschnüffeln, in der es bald wüten würde, in dem Wissen, dass seine Entfesselung unmittelbar bevorstand?
Sidious hob seinen Blick zur Ekliptik. Die Antworten auf diese Fragen waren irgendwo da draußen, verschlüsselt im Licht, durch Raum und Zeit reisend. Flüssiges Feuer durchströmte ihn, Visionen aus Vergangenheit und Zukunft durchzuckten sein Bewusstsein, und er öffnete sich der neu geformten Galaxis wie in dem Bestreben, die Jahrzehnte fortzuschälen ...
Teil I
Anwärter
67-65 Jahre vor der Schlacht von Yavin
1. Kapitel DIE UNTERWELT
Siebenundvierzig Standardjahre vor der grauenvollen Herrschaft von Imperator Palpatine war Bal'demnic nichts weiter als eine noch wenig entwickelte Randwelt im Auril-Sektor, von reptilienartigen Lebewesen bevölkert, die Fremden genauso wenig Toleranz entgegenbrachten wie einander. Jahrzehnte später sollte der Planet bei den galaktischen Ereignissen eine Rolle spielen, seinen eigenen Augenblick historischer Bekanntheit erringen, doch in jenen nachhaltig prägenden Jahren, die bereits das unausweichliche Abrutschen der Republik in Dekadenz und Chaos erahnen ließen, war Bal'demnic ausschließlich für Xenobiologen und Kartografen von Interesse. Möglicherweise wäre der Planet sogar Darth Plagueis' Aufmerksamkeit entgangen, für den abgelegene Welten einen ganz besonderen Reiz besaßen, wenn sein Meister, Tenebrous, nicht eine Besonderheit auf dem Planeten entdeckt hätte.
»Darth Bane wüsste unsere Bemühungen zu schätzen«, erklärte der Sith-Meister seinem Schüler, als sie Seite an Seite in der Kristallhöhle standen, die sie quer durchs All hierhergeführt hatte.
Tenebrous, ein Bith, war so groß wie Plagueis und von nahezu leichenhaft hagerer Gestalt. Für menschliche Augen mochte er mit seinem gallengelben Teint genauso ausgezehrt wirken wie der blasse Muun, doch in Wahrheit erfreuten sich beide Männer bester Gesundheit. Obgleich sie sich auf Basic miteinander unterhielten, beherrschte jeder von ihnen die Muttersprache des anderen fließend.
»Darth Banes frühe Jahre«, sagte Plagueis durch seine Transpiratormaske. »Sieht so aus, als hätte er das Werk seiner Ahnen fortgesetzt.«
Hinter dem Visier seiner eigenen Maske zuckten Tenebrous' runzlige Lippen vor Missfallen. Das Atemgerät wirkte viel zu winzig für seinen übergroßen, eingekerbten Schädel, und die Konvexität der Maske sorgte dafür, dass die flachen Scheiben seiner lidlosen Augen in seinem verhärmten Antlitz wie dicht beieinanderliegende Löcher wirkten. »Banes prägende Jahre«, korrigierte er.
Plagueis ließ den harmlosen Rüffel kommentarlos über sich ergehen. Er war schon so lange Tenebrous' Schüler, wie ein Mensch im Durchschnitt lebte, und dennoch verzichtete Tenebrous nicht darauf, ihm seine Fehler vorzuhalten, wann immer er konnte.
»Was wäre angemessener für uns, um den Kreis zu schließen, als den prägenden Erfahrungen des Sith'ari nachzueifern?«, fuhr Tenebrous fort. »Wir verfangen uns in den Kett- und Schlussfäden des Gobelins, den er geschaffen hat, in seinem Abbild der Wirklichkeit.«
Plagueis behielt seine Gedanken für sich. Darth Bane, der seinem Namen alle Ehre gemacht* und die Sith neu definiert hatte, indem er ihre Zahl beschränkt und ihre Aktivitäten der Geheimhaltung unterworfen hatte, hatte als Junge in den Minen von Apatros Cortosis abgebaut, lange bevor er die Lehren der Dunklen Seite kennengelernt hatte. In den tausend Jahren seit seinem Tod war Bane zu so etwas wie einem Gott geworden - die Kräfte, die man ihm zusprach, waren legendär. Und tatsächlich gab es Plagueis' Meinung nach kaum einen angemesseneren Ort für seine Schüler, um den Kreis zu schließen, als in vollkommener Dunkelheit, tief drunten in einer Klippe, die an die azurblaue Weite des Nordmeeres von Bal'demnic grenzte.
Die beiden Sith trugen Schutzanzüge, die sie vor der sengenden Hitze und der giftigen Atmosphäre bewahrten. Die Höhle wurde von Ansammlungen riesiger Kristalle schraffiert, die glühenden Lanzen ähnelten, die von einem Bühnenzauberer aus jedem Winkel in eine Trickkiste gerammt worden waren. Ein kürzlicher seismischer Vorfall hatte die Landmasse kippen lassen und das labyrinthartige Höhlensystem von mineralreichem Wasser geleert, doch die Magmakammer, in der die Fluten Jahrmillionen lang vor sich hin gesiedet hatten, erhitzte die feuchte Luft noch immer auf Temperaturen, die sogar über das hinausgingen, was Tenebrous und Plagueis ohne Hilfsmittel ertragen konnten. In der Nähe befand sich ein kleiner Minendroide, der die Aufgabe hatte, die Fortschritte einer Bergbausonde zu überwachen, die am Grunde eines tiefen Schachts eine Probe von einer reichen Cortosis-Erzader nahm. Manche bezeichneten Cortosis als sagenumwobenes Metall - teilweise, weil es so selten vorkam, vor allem jedoch aufgrund seiner spezifischen Eigenschaft, die Effektivität eines Jedi-Lichtschwerts zu verringern. Aus diesem Grund hatte der Jedi-Orden gewaltige Anstrengungen unternommen, um den Abbau und die Weiterverarbeitung dieses Erzes einzuschränken. Auch wenn das Cortosis den Orden nicht ins Verderben stürzen würde, war es dennoch ein Ärgernis für die Jedi, eine Kampfansage an den Ruf ihrer Waffen, die als Furcht einflößend und unbezwingbar galten.
Es war Tenebrous' Verdienst, dass die Sith vor den Jedi von den ergiebigen Cortosis-Adern auf Bal'demnic erfahren hatten, die dank eines Abkommens mit dem Republikanischen Senat das Vorrecht auf sämtliche Entdeckungen dieser Art hatten, ebenso wie auf adeganische Kristalle und machtsensitive Kinder aller Spezies. Allerdings waren Tenebrous und die Generationen von Sith-Meistern, die ihm vorausgingen, sehr darauf bedacht gewesen, geheime Daten zu sammeln, die ihnen ein weitläufiges Netzwerk von Informanten verschafften, von dem der Senat und die Jedi nichts ahnten, darunter auch Bergbau- Gutachterteams und Waffenfabrikanten.
»Ausgehend von den Daten, die ich empfange«, meldete sich der Droide zu Wort, »können zweiundachtzig Prozent des Erzes für waffentaugliche Cortosis-Ummantelungen aufbereitet werden.«
Plagueis sah Tenebrous an, der ihm ein zufriedenes Nicken schenkte. »Diese Prozentzahl entspricht dem, was zu erwarten mir gesagt wurde.«
»Von wem, Meister?«
»Nicht von Belang«, sagte Tenebrous.
Überall in dem überhitzten Tunnel lagen abgebrochene Bohrerspitzen, leere Atemtanks und verstopfte Filtermasken, alles von dem Forschungstrupp zurückgelassen, der den Schacht vor mehreren Standardmonaten in den Boden getrieben hatte. Aus dem breiten Mund des Schachts drangen die sich wiederholenden Geräusche der hydraulischen Bohrhämmer des Sondierungsdroiden - Plagueis war überzeugt, dass sie wie Musik für Tenebrous' Hörorgane klangen. »Wollt Ihr mir nichts über Eure Pläne für diese Entdeckung erzählen?«
»Alles zu seiner Zeit, Darth Plagueis.« Tenebrous wandte sich von ihm ab, um das Wort an den Minendroiden zu richten. »Instruiere die Sonde, die Beschaffenheit der Nebenader zu bestimmen.«
Plagueis studierte den am flachen Kopf des Droiden angebrachten Bildschirm, der eine Karte der Bewegungen der Sonde sowie eine grafische Analyse seiner Tiefenscans zeigte, die problemlos bis zum oberen Rand der Magmakammer reichten.
»Die Sonde führt eine Analyse durch«, brachte der Minendroide sie auf den neuesten Stand.
Während die stampfenden Laute der hydraulischen Bohrhämmer der Sonde in der Kristallhöhle widerhallten, ging Tenebrous um den Schacht herum, bloß um abrupt stehen zu bleiben, als das Bohren unvermittelt abbrach. »Warum hat die Sonde aufgehört? «, fragte er, bevor Plagueis ihm zuvorkommen konnte.
Die Antwort des Droiden kam prompt. »Die Em-Zwo-Einheit informiert mich darüber, dass sie direkt unter dem neu gebohrten Loch auf eine Gasblase gestoßen ist.« Der Droide hielt inne und fügte dann hinzu: »Es tut mir leid zu berichten, meine Herren, dass es sich bei diesem Gas um eine leicht brennbare Lethan- Variante handelt. Die Em-Zwo-Einheit hat errechnet, dass die Wärme, die ihre hydraulischen Bohrhämmer produzieren, eine Explosion von signifikanten Ausmaßen auslösen wird.«
Argwohn schlich sich in Tenebrous' Stimme. »Im ursprünglichen Bericht war keine Rede von Lethan.«
Der Droide schwenkte herum, um ihn anzusehen. »Davon ist mir nichts bekannt, Sir. Allerdings ist die Em-Zwo-Einheit diesbezüglich überaus beharrlich. Darüber hinaus bestätigt meine eigene Programmierung die Tatsache, dass es nicht ungewöhnlich ist, in unmittelbarer Nähe von Cortosis-Erz auf Lethan-Einlagerungen zu stoßen.«
»Befehl der Sonde, um die Lethan-Blase herum zu bohren«, sagte Plagueis.
»Die Em-Zwo-Einheit empfiehlt exakt dieses Vorgehen, Sir. Soll ich sie anweisen fortzufahren?«
Plagueis sah Tenebrous an, der nickte.
»Sag der Sonde, sie soll weitermachen«, erklärte Plagueis. Als das Gehämmer wieder einsetzte, richtete er den Blick auf den Bildschirm, um den Fortschritt der Sonde im Auge zu behalten. »Sag der Sonde, sie soll stoppen«, verkündete er, kaum dass ein paar Sekunden verstrichen waren.
»Was ist los?«, fragte Tenebrous vorpreschend.
Plagueis deutete auf den Schirm. »Die Karte weist in dem Bereich, in dem die Sonde gräbt, auf eine noch massivere Lethan- Konzentration hin.«
»Das ist korrekt, Sir«, sagte der Droide mit etwas, das Bestürzung gleichkam. »Ich werde die Einheit anweisen, sämtliche Aktivitäten einzustellen.«
Dennoch ging das Hämmern weiter.
»Droide«, schnappte Plagueis. »Hat die Sonde deinen Befehl bestätigt?«
»Nein, Sir. Der Em-Zwo reagiert nicht.«
Tenebrous versteifte sich und schaffte es gerade noch zu vermeiden, sich den Kopf an einem der massigen Kristalle in der Höhle anzuschlagen. »Ist die Sonde noch in Reichweite?«
»Ja, Sir.«
»Dann führ eine Kommunikationsdiagnose durch.«
»Das habe ich, Sir, und alle Systeme arbeiten normal. Die Unfähigkeit der Einheit zu reagieren ...« Der Droide verstummte kurz und begann dann von Neuem. »Die Weigerung der Einheit zu reagieren scheint vorsätzlich zu sein.«
»Deaktivier sie«, forderte Tenebrous. »Unverzüglich!«
Das Hämmern wurde langsamer und verstummte schließlich, jedoch nicht für lange.
»Die Em-Zwo-Einheit hat meinen Befehl außer Kraft gesetzt.«
»Unmöglich«, sagte Tenebrous.
»Ganz und gar nicht, Sir. Tatsächlich ist es höchstwahrscheinlich so, dass die Einheit eine tief verwurzelte Subroutine ausführt, die bislang nicht bemerkt wurde.«
Plagueis warf Tenebrous einen raschen Blick zu. »Wer hat die Sonde hergestellt?«
»Dies ist nicht die rechte Zeit für solche Fragen. Die Sonde ist drauf und dran, die Gasblase anzubohren.«
Die beiden Sith hasteten zum Rand des kreisrunden Schachts, streiften die Handschuhe ab und richteten ihre ungeschützten, langfingrigen Hände in die pechschwarze Dunkelheit. Sogleich schoss ein Gewirr blauer, elektrischer Energie aus ihren Fingerspitzen, die in das Bohrloch hinabregnete. Die kraftvollen Blitze tasteten und tanzten dem Grund des Schachts entgegen und schlugen funkensprühend in dem Seitengang ein, den die Sonde gegraben hatte. Eine ganze Weile, nachdem die Sith ihre Kräfte eingesetzt hatten, drangen knisternde Geräusche aus der Öffnung. Dann setzte das sich wiederholende Wummern der Bohrhämmer erneut ein.
»Es ist das Erz«, meinte Tenebrous. »Der Widerstand ist hier zu groß.«
Plagueis wusste, was zu tun war. »Ich gehe runter«, sagte er und war bereits drauf und dran, in den Schacht zu springen, als Tenebrous ihn zurückhielt.
»Das kann warten. Wir kehren in die Grotte zurück.«
Plagueis zögerte und nickte dann. »Wie Ihr meint, Meister.«
Tenebrous schwang zu dem Droiden herum. »Versuch weiterhin, die Einheit zu deaktivieren.«
»Sehr wohl, Sir. Dazu muss ich allerdings hierbleiben.«
»Na und?«, entgegnete Tenebrous und legte den Kopf schief.
»Sollten meine Bemühungen fehlschlagen, wird die anschließende Explosion zweifellos zu meiner Zerstörung führen.«
Plagueis verstand. »Du warst uns von Nutzen, Droide.«
»Vielen Dank, Sir.«
Tenebrous blickte finster drein. »Du vergeudest deinen Atem.«
Plagueis, den Tenebrous' hastiger Abgang etwas aus dem Konzept brachte, musste auf die Macht zurückgreifen, bloß um mit ihm Schritt zu halten. Dem ansteigenden Pfad folgend, den sie von der Grotte aus eingeschlagen hatten, in der ihr Raumschiff wartete, flogen sie förmlich den kristallübersäten Tunnel hinauf, durch den sie sich zuvor ihren Weg in die Tiefe gebahnt hatten. Plagueis begriff zwar, dass eine gewaltige Explosion möglicherweise unmittelbar bevorstand, doch die beinahe fluchtartige Hatz seines Meisters an die Oberfläche verwirrte ihn. In der Vergangenheit hatte Tenebrous nur selten Anzeichen von Unbehagen gezeigt, von Furcht ganz zu schweigen. Welche Gefahr hatte er also gespürt, dass es ihn so überstürzt von hier forttrieb? Und wann waren sie überhaupt jemals vor Gefahr geflohen, ganz gleich, welcher Art? Geschützt von den Kräften der Dunklen Seite konnten die Sith ja kaum den Tod fürchten, wenn sie mit ihm im Bunde waren. Plagueis ließ seine Sinne wandern, um die Quelle von Tenebrous' Grauen ausfindig zu machen, aber die Macht blieb stumm.
Zehn Meter vor ihm duckte sich der Bith unter einem vor Feuchtigkeit schlüpfrigen Felsvorsprung hindurch. Allerdings verleitete seine Eile ihn dazu, sich zu früh wieder aufzurichten, und seine linke Schulter prallte gegen den rauen Fels - eine Stelle seines Anzugs hing in Fetzen.
»Meister, gestattet mir vorauszugehen«, sagte Plagueis, als er Tenebrous erreichte. Er war zwar bloß geringfügig agiler als der Bith, doch er konnte im Dunkeln besser sehen und sein Orientierungssinn war ausgeprägter. Hinzu kam noch das, was die Macht ihm diesbezüglich verlieh.
Tenebrous, dessen Schulter schwerer angeschlagen war, als er gedacht hatte, tat das Angebot dennoch mit einem Wink ab. »Vergiss nicht, wo dein Platz ist.« Nachdem er das Gleichgewicht und die Fassung zurückgewonnen hatte, eilte er mit großen Schritten weiter. An einer Gabelung des Tunnels schlug er jedoch den falschen Weg ein.
»Hier entlang, Meister«, rief Plagueis aus dem anderen Korridor, doch er blieb stehen, um dem anderen Mann die Führung zu überlassen.
Dichter an der Oberfläche öffneten sich die Tunnel zu Höhlen von der Größe von Kathedralen, glatt geschliffen und ausgehöhlt von Regenwasser, das zu bestimmten Jahreszeiten des langen Bal'demnic'schen Jahres noch immer hereinströmte. In Tümpeln stehenden Wassers schossen verschiedene Spezies blinder Fische umher. Über ihnen nahmen Fledermausfalken panisch Reißaus von ihren Schlafplätzen unter der gesprenkelten Decke. Natürliches Licht in weiter Ferne spornte die beiden Sith an, auf die Grotte zuzulaufen, so schnell sie nur konnten. Trotz allem jedoch waren sie eine Winzigkeit zu langsam.
Die Gasexplosion holte sie just in dem Moment ein, als sie die von Helligkeit erfüllte Öffnung oben auf der Klippe erreichten. Aus den Untiefen des Tunnels hallte ein kreischendes, elektronisches Heulen wider, während gleichzeitig eine sengend heiße Bö durch das Loch in der gewölbten Decke der Grotte nach unten fuhr, durch das sie mit dem Schiff hereingeflogen waren. Fast war es, als würde das Höhlensystem nach Atem ringen. Eine gedämpfte Detonation folgte, die dafür sorgte, dass sich der Boden aufbäumte, dann ein tosender Feuerball, der das glühend heiße Ausatmen des Labyrinths darstellte. Tenebrous wirbelte zu dem Tunnel herum, den sie gerade verlassen hatten, und schaffte es irgendwie, auf den Beinen zu bleiben, als er mit seinen winkenden Armen einen Machtschild heraufbeschwor, der auf den Feuerball traf und ihn umhüllte. Tausende brennender Fledermausfalken flatterten in dem Getöse umher wie vom Wind verwehte Glut.
Einige Meter entfernt hob Plagueis, der von der Wucht der verdampfenden Explosion mit dem Gesicht voran zu Boden geschleudert worden war, gerade rechtzeitig den Kopf, um zu sehen, wie gewaltige Felsbrocken aus der Unterseite der gewölbten Decke brachen. Direkt unterhalb der herabstürzenden Felsen stand ihr Raumschiff.
»Meister!«, rief er, rappelte sich auf und hob die Arme, um die Felsbrocken in der Luft zu halten.
Seine eigenen Arme noch immer in einer die Macht heraufbeschwörenden Geste erhoben schwang Tenebrous herum, um Plagueis' Bemühungen zu unterstützen. Hinter ihm loderten die letzten Flammen des Feuerballs aus dem Tunnelmund, um über seinen Rücken zu lecken und ihn tiefer in die Grotte zu treiben.
Die Höhle unter ihren Füßen bebte weiter und schickte dabei Schockwellen durch die nachgebende Decke. Von der Scheitelöffnung breiteten sich Risse wie ein Spinnennetz aus, um überall in der Grotte für Einstürze zu sorgen. Plagueis vernahm ein mahlendes Geräusch über sich und verfolgte, wie sich ein Spalt im Zickzack seinen Weg über die Decke bahnte, um eine Gesteinsschicht nach der anderen herabregnen zu lassen, während er der geschwungenen Wand der Grotte folgte.
Jetzt jedoch war es Tenebrous, der sich direkt darunter befand. Und in diesem Moment erkannte Plagueis die Gefahr, die Tenebrous zuvor vorhergesehen hatte: seinen Tod. Seinen Tod durch Plagueis' Hand.
Während Tenebrous damit beschäftigt war, die Felsbrocken in der Luft zu halten, die das Schiff zu zerschmettern drohten, orientierte Plagueis sich rasch, richtete die erhobenen Hände auf die herabstürzenden Felsen über seinem Meister und ließ sie mit einer Abwärtsbewegung beider Arme so schnell und mit so viel Schwung nach unten sausen, dass sie Tenebrous unter sich begruben, dem kaum genügend Zeit blieb zu begreifen, wie ihm geschah.
Steinstaub wirbelte um ihn herum auf, als Plagueis reglos dastand, während Felsbrocken auch das Raumschiff verschütteten. Gleichwohl, er schenkte dem keine Beachtung. Dass es ihm gelungen war, die Decke auf Tenebrous herabstürzen zu lassen, war Beweis genug dafür, dass der Bith träge und entbehrlich geworden war. Andernfalls hätte er die wahre Natur der Gefahr, die er gespürt hatte, erkannt, und dann wäre Plagueis derjenige gewesen, der jetzt zerquetscht auf dem Boden der Grotte läge, der Kopf zertrümmert wie ein Ei und die Brusthöhle vom spitzen Ende eines herabfallenden Stalaktiten durchbohrt.
Als er an Tenebrous' Seite eilte, kündete seine Hast gleichermaßen von Aufregung wie von schierem Theater. »Meister!«, rief er, kniete nieder und nahm sich und Tenebrous die Atemgeräte ab. Seine Hände scharrten an den Steinen, um etwas von der zermalmenden Last beiseite zuwerfen. Allerdings war Tenebrous' Lunge durchbohrt, und Blut gurgelte in seinem Rachen. Zerfetzte Löcher in den Ärmeln des Schutzanzugs enthüllten esoterische Körpermale und Tätowierungen.
»Hör auf damit, Schüler«, brachte Tenebrous mühsam hervor. »Du wirst all deine Kraft brauchen.«
»Ich kann Hilfe holen. Wir haben noch Zeit ...«
»Ich sterbe, Darth Plagueis. Nur dafür ist jetzt Zeit.«
Plagueis hielt dem gequälten Blick des Bith stand. »Ich habe alles getan, was ich konnte, Meister.«
Tenebrous unterbrach ihn einmal mehr. »Stark in der Macht zu sein ist das eine. Aber von sich selbst zu glauben, man sei allmächtig, bedeutet, dem Unglück Tür und Tor zu öffnen. Vergiss nicht, dass selbst in den ätherischen Gefilden, in denen wir weilen, Unvorhergesehenes geschehen kann.« Ein stotternder Hustenanfall brachte ihn einen Moment lang zum Schweigen. »Vermutlich ist es so besser, als durch deine Hand zu enden.«
Genauso, wie Darth Bane es sich gewünscht hätte, dachte Plagueis. »Wer hat die Minensonde geliefert, Meister?«
»Subtext«, sagte Tenebrous mit schwacher Stimme. »Subtext Bergbau.«
Plagueis nickte. »Ich werde Euch rächen.«
Tenebrous neigte seinen gewaltigen Schädel fast unmerklich. »Wirst du das?«
»Natürlich.«
Falls das den Bith überzeugte, behielt er es für sich. Stattdessen sagte er: »Es ist dein Schicksal, die Stunde der Sith einzuläuten, Plagueis. Dir fällt es zu, den Jedi-Orden in die Knie zu zwingen und die übrigen Lebewesen in der Galaxis vor sich selbst zu retten.«
Zu guter Letzt, sagte Plagueis sich, wechselt das Zepter den Besitzer.
»Doch ich muss dich warnen ...«, begann Tenebrous und verstummte abrupt.
Plagueis konnte spüren, wie der hoch entwickelte Verstand des Bith die jüngsten Ereignisse Revue passieren ließ, Wahrscheinlichkeiten kalkulierte und zu Schlussfolgerungen gelangte. »Wovor wollt Ihr mich warnen, Meister?«
In Tenebrous' schwarzen Augen schimmerte gelbes Licht, und seine freie Hand umklammerte den Ringkragen von Plagueis' Schutzanzug. »Du!«
Plagueis löste die dürre Hand des Bith gewaltsam von dem Stoff und grinste schwach. »Ja, Meister, Euer Tod geht auf meine Rechnung. Ihr habt selbst gesagt, dass zielgerichtete Beharrlichkeit der Schlüssel zum Sieg ist, und dem ist tatsächlich so. Fahrt mit dem Wissen ins Grab, dass Ihr der Letzte der alten Ordnung seid, der viel gepriesenen Regel der Zwei, und dass die neue Ordnung jetzt beginnt und tausend Jahre lang meiner Kontrolle unterworfen sein wird.«
Tenebrous hustete Speichel und Blut. »Dann nenne ich dich jetzt zum letzten Mal Schüler. Und ich applaudiere, wie geschickt du Überraschung und Irreführung eingesetzt hast, um dein Ziel zu erreichen. Womöglich war es falsch von mir zu denken, dass du nicht das Zeug dazu hast.«
»Die Dunkle Seite hat mich geleitet, Tenebrous. Ihr habt das gespürt, aber Euer Mangel an Vertrauen in mich hat Euer Denken getrübt.«
Der Bith nickte zustimmend. »Schon, bevor wir nach Bal'demnic aufbrachen.«
»Und dennoch kamen wir hierher.«
»Weil wir dazu bestimmt waren.« Tenebrous hielt inne, bevor er mit neu erwachter Dringlichkeit sprach. »Doch warte! Das Schiff ...«
»Zerschmettert, genau wie Ihr.«
Plagueis schlug Tenebrous' Zorn entgegen. »Du hast alles riskiert, um mich zu vernichten! Die gesamte Zukunft der Sith! Letzten Endes zeigt sich doch, dass mein Instinkt, was dich betrifft, richtig war!«
Plagueis lehnte sich scheinbar lässig von ihm fort, doch in Wahrheit erfüllte ihn eisige Wut. »Ich werde einen Weg heim finden, Tenebrous, genau wie Ihr.« Und mit einer Hackbewegung seiner linken Hand brach er dem Bith das Genick.
Tenebrous war gelähmt und bewusstlos, aber noch nicht tot. Plagueis war nicht darauf erpicht, ihn zu retten - selbst, wenn das möglich gewesen wäre -, doch es interessierte ihn, das Verhalten der Midi-Chlorianer des Bith zu beobachten, wenn das Leben ihn verließ. Die Jedi betrachteten die Zellorganellen als Symbionten, doch für Plagueis waren Midi-Chlorianer Eindringlinge, die die Verbindung zur Macht störten und die Fähigkeit eines Wesens beeinträchtigten, mit der Macht in direkten Kontakt zu treten. Durch Jahre des Experimentierens und gezielte Medikation hatte Plagueis die Gabe geschärft, die Aktivitäten von Midi-Chlorianern wahrzunehmen, wenn auch bislang nicht die Fähigkeit, sie zu manipulieren - sie zu manipulieren, um Tenebrous' Leben zu verlängern.
Als er den Bith durch die Macht betrachtete, sah er, dass die Midi-Chlorianer bereits abzusterben begannen, genau wie die Neuronen, aus denen Tenebrous' hochmütiges Hirn bestand, und die Muskelzellen, die sein einstmals kräftiges Herz antrieben. Einer allgemein verbreiteten, irrigen Vorstellung zufolge handelte es sich bei den Midi-Chlorianern um Macht übertragende Partikel, obgleich sie in Wahrheit mehr wie Umwandler funktionierten, wie Gesprächspartner, die einem den Willen der Macht vermittelten. Plagueis betrachtete seine langjährige Faszination für die Organellen als etwas ebenso Natürliches, wie es Tenebrous' Fixierung darauf gewesen war, die Zukunft zu formen. Im Gegensatz zur Bith-Intelligenz, die auf Mathematik und Berechnung fußte, wurde die Muun-Intelligenz vom Streben nach dem eigenen Vorteil motiviert. Als Muun sah Plagueis seine Verbindung zur Macht als Investition an, die sich - den angemessenen Aufwand vorausgesetzt - maximieren ließ, um stattliche Früchte zu tragen. Gewiss, der Muun-Psychologie und -Tradition zufolge hatte er geglaubt, dass sich seine Erfolge über die Jahrzehnte summierten, weshalb er Tenebrous nicht ein einziges Mal ins Vertrauen gezogen hatte.
Die absterbenden Midi-Chlorianer des Bith erloschen wie Lämpchen, die allmählich ihrer Energiequelle beraubt wurden, und dennoch konnte Plagueis Tenebrous nach wie vor in der Macht wahrnehmen. Eines Tages würde es ihm mit Erfolg gelingen, den Midi-Chlorianern seinen Willen aufzuzwingen, um sie am Leben zu erhalten. Indes, solche Spekulationen waren für eine andere Zeit bestimmt. In diesem Moment befanden sich Tenebrous und alles, was er im Leben gewesen war, außerhalb von Plagueis' Einflussbereich.
Er fragte sich, ob das bei den Jedi ähnlich war. Verhielten sich die Midi-Chlorianer bei einem Jedi zu Lebzeiten genauso, wie sie es bei jemandem taten, der sich der Dunklen Seite verschrieben hatte? Wurden die Organellen durch unterschiedliche Impulse motiviert, von unterschiedlichen Bedürfnissen dazu gedrängt, aktiv zu werden? Er war im Laufe seines langen Lebens vielen Jedi begegnet, ohne dass er jemals den Versuch unternommen hätte, einen von ihnen so zu studieren, wie er jetzt Tenebrous taxierte, und das allein aus seiner Sorge heraus, die Stärke seiner Verbindung zur Dunklen Seite preiszugeben. Auch das musste sich möglicherweise ändern.
Tenebrous starb, während Plagueis ihn beobachtete. In Banes Zeitalter besaß ein Sith womöglich einen Schutz gegen den Versuch einer Essenzübertragung durch die Verstorbenen - gegen den Sprung ins Bewusstsein desjenigen Sith, der überlebt hatte -, doch diese Zeiten waren lange vorüber und nicht mehr von Bedeutung - nicht, seit die Lehren sabotiert worden waren, seit die Technik verloren ging. Der letzte Sith, der dieses Wissen besaß, war auf unerklärliche Weise auf die helle Seite der Macht gezogen und getötet worden, um seine Geheimnisse mit sich ins Grab zu nehmen ...
2. Kapitel INNENLEBEN
Plagueis war sich nicht sicher, wie lange er an Tenebrous' Seite verweilte. Lange genug jedenfalls, dass seine Beine zitterten, als er sich erhob, und sich der Staub der Explosion etwas gelegt hatte. Erst, als er einige Schritte zurücktrat, wurde ihm bewusst, dass auch er die jüngsten Ereignisse nicht unbeschadet überstanden hatte. Irgendwann - vermutlich, als er mit Tenebrous' Ermordung beschäftigt gewesen war - hatte ein Stein oder irgendein anderes Geschoss einen Gutteil seines Kreuzes verletzt, und nun war die dünne Tunika, die er unter dem Schutzanzug trug, blutgetränkt.
Trotz des wirbelnden Staubs atmete er tief ein, was stechende Schmerzen im Brustkorb und ein Husten nach sich zog, bei dem Blut in die heiße Luft sprühte. Mithilfe der Macht betäubte er sich gegen die Pein und trug seinem Körper auf, die Schmerzen nach besten Kräften einzudämmen. Als die Verletzung ihn schließlich nicht mehr voll beanspruchte, schaute er sich in der Grotte um, ohne dass er sich dabei von der Stelle rührte. Stattdessen drehte er sich einmal komplett im Kreis. Überall auf dem harten Boden verstreut lagen Fledermausfalken, die in ihrer Not zirpten und sich mit ihren Krallen einen Weg durch die eigenen Reihen bahnten. Weit über ihm fiel ein schräger Balken staubschwangeren Tageslichts durch das große Loch in der Höhlenkuppel herein, das seinerseits das Resultat eines früheren Einsturzes war. Unweit des Wirrwarrs von Gestein, das das Beben auf dem Grottenboden angehäuft hatte, stand Tenebrous' kleines, aber einzigartiges Raumschiff - ein Modell, das Rugess Nome selbst entworfen hatte. Die Verbundmetallflügel und der kleine Bug ragten aus dem kunstlosen Mausoleum hervor, das die Explosion dafür geschafften hatte. Und schließlich, nur wenige Meter entfernt, lag Tenebrous, auf ähnliche Weise begraben.
Als sich Plagueis dem Schiff näherte, sah er sich die Schäden an, die die Deflektorschild- und Navigationseinheiten, die Kühlleitungen, die Sensoren und die Antennen davongetragen hatten. Gewiss wäre es Tenebrous möglich gewesen, einige der Bauteile zu reparieren, aber Plagueis hatte von derlei keine Ahnung. Ihm mangelte es nicht nur an den feinmotorischen Fähigkeiten des Bith, sondern auch an seinem Wissen über die Systeme des Schiffs. Obgleich einmalig, ein Wunder der Ingenieurskunst, konnte das Schiff dennoch nicht mit Tenebrous in Verbindung gebracht werden, da sowohl die Registrierung als auch der Name falsch waren. Es bestand die Möglichkeit, dass der Notfallpeilsender noch funktionierte, doch Plagueis widerstrebte es, ihn zu aktivieren. Sie waren heimlich auf Bal'demnic gelandet, und er hatte vor, genauso wieder von hier zu verschwinden. Aber wie?
Wieder blickte er mit zusammengekniffenen Augen in das Licht empor, das durch die Scheitelöffnung hereinströmte. Nicht einmal seine Machtkräfte genügten, um ihn vom Boden der Grotte bis ganz hinauf zu diesem starren Auge zu katapultieren. Dazu brauchte man schon einen Raketenrucksack, und das Schiff hatte keinen an Bord. Sein Blick schweifte von der Öffnung in der Decke zu den geschwungenen Wänden der Grotte. Er nahm an, dass er an der gewölbten Unterseite der Kuppel entlangklettern konnte, um zu dem Auge zu gelangen, doch jetzt sah er einen besseren Weg. Mehr noch: Er sah einen Weg, um zwei Aufgaben gleichzeitig zu erledigen.
Von einer Stelle mittig zwischen dem Schiff und dem Trümmerhaufen unter der Scheitelöffnung aus öffnete er sich der Macht und begann mit Gesten, die jenen nicht unähnlich waren, die Tenebrous und er eingesetzt hatten, um den Deckeneinsturz hinauszuzögern. Doch nun ließ er Felsbrocken vom Schiff in die Höhe schweben, um sie dem Schutthaufen hinzuzufügen. Er hörte erst auf, als er sowohl die Einstiegsluke des Schiffs freigelegt hatte als auch zuversichtlich war, vom Gipfel des vergrößerten Haufens aus mit einem Machtsprung durch die Deckenöffnung zu gelangen.
Gleichwohl, als er die Luke zu öffnen versuchte, stellte er fest, dass sie sich nicht rührte. Am Ende gelang es ihm, sich durch das Cockpit Zutritt ins Innere des Schiffs zu verschaffen, indem er die Transparistahlkanzel mit einer Reihe von Machthieben traktierte. Nachdem er hineingeklettert war, holte er seine Reisetasche, in der sich unter anderem ein Komlink, sein Lichtschwert und Wechselkleidung befanden. Außerdem nahm er Tenebrous' Komlink und Lichtschwert an sich und löschte den Speicher des Navigationscomputers - für alle Fälle. Sobald er das Schiff wieder verlassen hatte, streifte er den Schutzanzug und die blutgetränkte Tunika ab und tauschte beides gegen eine dunkle Hose, ein Überhemd, leichte Stiefel und ein Gewand mit Kapuze ein. Er hakte beide Lichtschwerter an seinen Gürtel, aktivierte das Komlink und rief eine Karte von Bal'demnic auf. Mit nur wenigen Satelliten in der Umlaufbahn verfügte der Planet über kein nennenswertes globales Ortungssystem, aber die Karte verriet Plagueis auch so alles, was er über das Gebiet wissen musste, in dem er sich momentan befand.
Er schaute sich ein letztes Mal um. Es war nicht allzu wahrscheinlich, dass irgendein Eingeborener Grund dazu hatte, die Grotte zu erkunden, und sogar noch unwahrscheinlicher war es, dass ein anderer interstellarer Besucher diesen Ort aufsuchen würde. Dessen ungeachtet verwandte er einen Augenblick darauf, die Szene objektiv zu betrachten.
Ein teilweise zerschmettertes, aber teures und ausschlachtenswertes Schiff. Der verfaulte Leichnam eines Bith-Raumfahrers. Die Folgen einer Explosion ... All das wies auf einen Unglücksfall in einer Galaxis hin, die vor derlei schier überquoll.
Zufrieden sprang Plagueis oben auf den Trümmerhaufen und dann durch die Decke hinaus in das, was von diesem Tag noch übrig war.
Die sengende Hitze von Bal'demnics Hauptgestirn knallte auf seine bloße Haut hernieder, und eine hartnäckige Brise vom Meer her zerrte an seinem Gewand. Im Westen und im Süden breitete sich der azurblaue Ozean aus, so weit sein Auge reichte, um dort weiße Schaumkronen zu bilden, wo das Wasser gegen das Ufer hämmerte. Zerklüftete, entblößte Hügel verschwanden in der Gischt der See. Plagueis malte sich eine Zeit aus, als Wälder die Landschaft beherrscht hatten, damals, bevor die einheimischen Kon'me die Bäume gefällt hatten, um Baumaterial und Feuerholz daraus zu machen. Jetzt wurde das, was an Vegetation überlebt hatte, von den steilen Schluchten begrenzt, die die braunen Hügel voneinander trennten. Es war ein Anblick von düsterer Schönheit. Möglicherweise, sinnierte er, barg dieser Planet doch mehr als nur Cortosis-Erzvorkommen.
Plagueis, der den Großteil seines Erwachsenenlebens auf Muunilinst verbracht hatte, war mit Wasserwelten durchaus vertraut. Allerdings hatte er im Gegensatz zu den meisten Muun ebenso Erfahrung mit abgelegenen, primitiven Planeten, nachdem er seine Kindheit und die Jugendjahre auf einer Unzahl ähnlicher Welten und Monde zugebracht hatte.
Während sich diese Hemisphäre von Bal'demnic rasch der Nacht entgegendrehte, gewann der Wind an Stärke, und die Temperatur sank. Die Karte, die er auf dem Komlink aufgerufen hatte, zeigte, dass sich der Hauptraumhafen des Planeten bloß ein paar Hundert Kilometer weiter südlich befand. Tenebrous hatte den Raumhafen absichtlich gemieden, als sie auf dem Planeten runtergegangen waren. Deshalb waren sie über die nördliche Polkappe hergekommen, nicht über das Meer. Plagueis berechnete, dass er die Entfernung zum Raumhafen bis zum morgigen Abend hinter sich gebracht haben konnte, womit ihm immer noch eine Standardwoche Zeit blieb, um rechtzeitig nach Muunilinst zurückzukehren, um der Zusammenkunft auf Sojourn vorzustehen. Allerdings wusste er ebenfalls, dass die Route dorthin ihn durch Gebiete führen würde, die von elitären und pöbelhaften Kon'me gleichermaßen besiedelt wurden. Deshalb beschloss er, nachts zu reisen, um den Kontakt mit diesen widerlichen, fremdenfeindlichen Reptilienwesen zu vermeiden. Es hatte wenig Sinn, eine Spur von Toten hinter sich herzuziehen.
Copyright © 2012 by Verlagsgruppe Random House GmbH, München
Langsam, beinahe widerstrebend, kehrte er in seinen Körper zurück, den Blick auf die manikürten Hände gerichtet. Als er sich wieder in der Gegenwart befand, bemerkte er seinen rasch gehenden Atem, während der Raum hinter ihm sein Bestes tat, den Eindruck zu vermitteln, alles sei wie gehabt. Luftreiniger brummten - kostbare Wandteppiche wogten in der so heraufbeschworenen Brise. Teure Teppiche versiegelten ihre Fasern, damit sich verschüttete Flüssigkeiten nicht ausbreiten konnten. Der Droide wuselte in offenkundiger Verwirrung umher. Sidious drehte sich einmal um sich selbst, um die Unordnung in Augenschein zu nehmen: antike Möbel - umgeworfen; gerahmte Gemälde - schief an den Wänden hängend. Als wäre ein Wirbelsturm durch den Raum gefegt. Auf dem Boden lag, mit dem Gesicht nach unten, eine Statue von Yanjon, einem der vier gesetzgebenden Weisen von Dwartii - ein Kunstwerk, das Sidious insgeheim innig begehrt hatte.
Und auch Plagueis lag dort hingestreckt: seine schlanken Gliedmaßen von sich gereckt und den länglichen Kopf zur Seite gedreht. Er hatte sich herausgeputzt wie für einen festlichen Abend in der Stadt. Nun war er tot ... oder etwa nicht?
Unsicherheit durchfuhr Sidious, und der Zorn kehrte in seine Augen zurück. War dieses Zittern sein eigenes Werk oder eine Vorwarnung? War es möglich, dass der hinterlistige Muun ihn getäuscht hatte? Hatte Plagueis den Schlüssel zur Unsterblichkeit gefunden und am Ende doch überlebt? Ganz gleich, dass das für jemand so Weisen ein kleinlicher Schachzug gewesen wäre - für jemanden, der behauptete, den Großen Plan über alles andere zu stellen. Hatte sich Plagueis in einem selbst gewobenen Netz aus Neid und Habgier verfangen? War er zu einem Opfer seiner ureigenen Machenschaften geworden, in seine eigene Grube gefallen?
Wäre Sidious nicht so um seine eigene Sicherheit besorgt gewesen, hätte er Plagueis vielleicht bedauert.
Als er sich dem Leichnam seines einstigen Meisters vorsichtig näherte, nutzte er die Macht, um den betagten Muun auf den Rücken zu drehen. Aus diesem Blickwinkel sah Plagueis beinahe genauso aus wie damals, als Sidious ihm zum ersten Mal begegnet war, Jahrzehnte zuvor: ebenmäßiger, haarloser Schädel; eine krumme Nase, deren Sattel wie von einem Schockballtreffer abgeflacht wirkte und deren scharf zulaufende Spitze fast gegen die Oberlippe drückte; ein weit vorstehender Unterkiefer; tief eingesunkene Augen, die noch immer vor Gefährlichkeit überquollen - eine physische Eigenschaft, auf die man bei einem Muun nur selten traf. Andererseits war Plagueis weder ein gewöhnlicher Muun noch ein gewöhnliches Wesen gewesen, ganz gleich welcher Spezies.
Sidious sah sich vor und streckte weiterhin seine Machtsinne aus. Bei näherer Betrachtung stellte er fest, dass sich Plagueis' bereits zyanotisches Fleisch glättete, seine Gesichtszüge entspannten sich.
Sidious war sich des Surrens der Luftreiniger und der Geräusche der Außenwelt, die in die luxuriöse Suite drangen, vage bewusst, während er seine Totenwache fortsetzte. Dann richtete er sich erleichtert zu voller Größe auf und stieß den Atem aus. Dies war keine Sith-List. Dies war kein Fall von vorgetäuschtem Tod, vielmehr hielt selbiger Plagueis fest in seiner kalten Umklammerung. Das Wesen, das ihn an die Macht geführt hatte, war nicht mehr.
Die Ironie der Situation ließ Sidious erheitert die Augen zusammenkneifen. Der Muun hätte noch hundert Jahre unbehelligt weiterleben können. Womöglich hätte er sogar ewig gelebt, wenn sein Streben von Erfolg gekrönt gewesen wäre. Letzten Endes jedoch war es ihm nicht gelungen, sich selbst zu retten, auch wenn er andere vor dem Tod bewahren konnte.
Ein triumphales Gefühl der Überlegenheit ließ Sidious' Brust anschwellen, und seine Gedanken schweiften fort.
Nun, das ist nicht annähernd so übel gelaufen, wie wir angenommen hatten ...
Überhaupt entwickelten sich Ereignisse nur selten tatsächlich so, wie man es sich vorstellte. Die Ordnung künftiger Geschehnisse war vergänglich. Auf dieselbe Weise, wie die Vergangenheit durch ausgewählte Erinnerungen »angepasst« wird, waren auch künftige Ereignisse in stetem Wandel. Man konnte bloß instinktiv handeln, sich bewusst an einen vollkommenen Moment klammern und die Initiative ergreifen. Einen Herzschlag später, und das Universum hätte sich neu zusammengefügt. Dann wäre keine Willensanstrengung mehr groß genug gewesen, um die Strömungen des Wandels zu verhindern. Man konnte bloß beobachten und reagieren. Überraschung war das Element, das man in keinem Periodensystem fand. Ein Schlüsselelement, eine fehlende Ingredienz. Die Art und Weise, wie sich die Macht selbst amüsierte. Eine Mahnung an alle empfindungsfähigen Wesen, dass einige Geheimnisse niemals gelüftet werden würden.
Zuversichtlich, dass dem Willen der Dunklen Seite Genüge getan worden war, kehrte er zur Fensterwand der Suite zurück. Zwei Lebewesen in einer Galaxis voller ungezählter Billionen, doch das, was in diesen Räumen geschehen war, würde Einfluss auf ihrer aller Leben haben. Die Galaxis war bereits durch die Geburt von einem von ihnen geformt worden und würde nun durch den Tod des anderen umgestaltet werden. Doch war die Veränderung anderswo gespürt und wahrgenommen worden? Waren sich seine verschworenen Feinde darüber im Klaren, dass sich das Gleichgewicht der Macht unwiderruflich verschoben hatte? Würde das ausreichen, um sie aus ihrer Selbstgerechtigkeit aufzurütteln? Er hoffte, dass dem nicht so war. Denn jetzt konnte das Werk der Vergeltung erst wahrhaft beginnen.
Sein Blick suchte und fand eine aufsteigende Sternenkonstellation, eine voller Macht und Tragweite, die neu am Firmament erstrahlte, selbst wenn sie in Kürze vom ersten Licht der Morgendämmerung überwältigt werden würde. Tief am Horizont über dem Flachland hängend, nur sichtbar für jene, die wussten, wo und wie sie danach Ausschau halten mussten, strebte dieses System einer kühnen Zukunft entgegen. Auf einige mochten die Sterne und Planeten wirken, als würden sie sich genauso bewegen wie seit jeher, dazu bestimmt, sich in Formationen auszurichten, die schon lange vor ihrer feurigen Geburt bestimmt worden waren. In Wahrheit jedoch war der Himmel in Unruhe gestürzt worden, von dunkler Materie in neue, einzigartige Bahnen gezwungen. Sidious hatte den intensiven Geschmack von Blut im Mund. Er spürte, wie das Ungeheuer in seiner Brust emporkroch, aus schattigen Tiefen an die Oberfläche kam und seine Perspektive zu etwas Furchteinflößendem verzerrte, kurz davor, sich der Welt zu offenbaren.
Die Dunkle Seite hatte ihn vereinnahmt, und nun machte Sidious sich seinerseits die Dunkle Seite zu eigen.
Atemlos - nicht vor Anstrengung, sondern wegen des plötzlichen Beseeltseins durch die Macht - kehrte er dem Fenster den Rücken und erlaubte dem Ungetüm, sich durch seinen Körper zu winden wie ein freilaufendes Weide- oder Prärietier. War die Macht schon jemals so stark in jemandem gewesen?
Sidious hatte niemals erfahren, wie Plagueis' eigener Meister sein Ende gefunden hatte. War er durch Plagueis' Hand gestorben? Hatte auch Plagueis einst ein ähnliches Hochgefühl erfahren, als er zum einzigen Sith-Lord in der Galaxis aufstieg? Hatte sich das Ungeheuer der Endzeit damals ebenfalls erhoben, um die Welt zu beschnüffeln, in der es bald wüten würde, in dem Wissen, dass seine Entfesselung unmittelbar bevorstand?
Sidious hob seinen Blick zur Ekliptik. Die Antworten auf diese Fragen waren irgendwo da draußen, verschlüsselt im Licht, durch Raum und Zeit reisend. Flüssiges Feuer durchströmte ihn, Visionen aus Vergangenheit und Zukunft durchzuckten sein Bewusstsein, und er öffnete sich der neu geformten Galaxis wie in dem Bestreben, die Jahrzehnte fortzuschälen ...
Teil I
Anwärter
67-65 Jahre vor der Schlacht von Yavin
1. Kapitel DIE UNTERWELT
Siebenundvierzig Standardjahre vor der grauenvollen Herrschaft von Imperator Palpatine war Bal'demnic nichts weiter als eine noch wenig entwickelte Randwelt im Auril-Sektor, von reptilienartigen Lebewesen bevölkert, die Fremden genauso wenig Toleranz entgegenbrachten wie einander. Jahrzehnte später sollte der Planet bei den galaktischen Ereignissen eine Rolle spielen, seinen eigenen Augenblick historischer Bekanntheit erringen, doch in jenen nachhaltig prägenden Jahren, die bereits das unausweichliche Abrutschen der Republik in Dekadenz und Chaos erahnen ließen, war Bal'demnic ausschließlich für Xenobiologen und Kartografen von Interesse. Möglicherweise wäre der Planet sogar Darth Plagueis' Aufmerksamkeit entgangen, für den abgelegene Welten einen ganz besonderen Reiz besaßen, wenn sein Meister, Tenebrous, nicht eine Besonderheit auf dem Planeten entdeckt hätte.
»Darth Bane wüsste unsere Bemühungen zu schätzen«, erklärte der Sith-Meister seinem Schüler, als sie Seite an Seite in der Kristallhöhle standen, die sie quer durchs All hierhergeführt hatte.
Tenebrous, ein Bith, war so groß wie Plagueis und von nahezu leichenhaft hagerer Gestalt. Für menschliche Augen mochte er mit seinem gallengelben Teint genauso ausgezehrt wirken wie der blasse Muun, doch in Wahrheit erfreuten sich beide Männer bester Gesundheit. Obgleich sie sich auf Basic miteinander unterhielten, beherrschte jeder von ihnen die Muttersprache des anderen fließend.
»Darth Banes frühe Jahre«, sagte Plagueis durch seine Transpiratormaske. »Sieht so aus, als hätte er das Werk seiner Ahnen fortgesetzt.«
Hinter dem Visier seiner eigenen Maske zuckten Tenebrous' runzlige Lippen vor Missfallen. Das Atemgerät wirkte viel zu winzig für seinen übergroßen, eingekerbten Schädel, und die Konvexität der Maske sorgte dafür, dass die flachen Scheiben seiner lidlosen Augen in seinem verhärmten Antlitz wie dicht beieinanderliegende Löcher wirkten. »Banes prägende Jahre«, korrigierte er.
Plagueis ließ den harmlosen Rüffel kommentarlos über sich ergehen. Er war schon so lange Tenebrous' Schüler, wie ein Mensch im Durchschnitt lebte, und dennoch verzichtete Tenebrous nicht darauf, ihm seine Fehler vorzuhalten, wann immer er konnte.
»Was wäre angemessener für uns, um den Kreis zu schließen, als den prägenden Erfahrungen des Sith'ari nachzueifern?«, fuhr Tenebrous fort. »Wir verfangen uns in den Kett- und Schlussfäden des Gobelins, den er geschaffen hat, in seinem Abbild der Wirklichkeit.«
Plagueis behielt seine Gedanken für sich. Darth Bane, der seinem Namen alle Ehre gemacht* und die Sith neu definiert hatte, indem er ihre Zahl beschränkt und ihre Aktivitäten der Geheimhaltung unterworfen hatte, hatte als Junge in den Minen von Apatros Cortosis abgebaut, lange bevor er die Lehren der Dunklen Seite kennengelernt hatte. In den tausend Jahren seit seinem Tod war Bane zu so etwas wie einem Gott geworden - die Kräfte, die man ihm zusprach, waren legendär. Und tatsächlich gab es Plagueis' Meinung nach kaum einen angemesseneren Ort für seine Schüler, um den Kreis zu schließen, als in vollkommener Dunkelheit, tief drunten in einer Klippe, die an die azurblaue Weite des Nordmeeres von Bal'demnic grenzte.
Die beiden Sith trugen Schutzanzüge, die sie vor der sengenden Hitze und der giftigen Atmosphäre bewahrten. Die Höhle wurde von Ansammlungen riesiger Kristalle schraffiert, die glühenden Lanzen ähnelten, die von einem Bühnenzauberer aus jedem Winkel in eine Trickkiste gerammt worden waren. Ein kürzlicher seismischer Vorfall hatte die Landmasse kippen lassen und das labyrinthartige Höhlensystem von mineralreichem Wasser geleert, doch die Magmakammer, in der die Fluten Jahrmillionen lang vor sich hin gesiedet hatten, erhitzte die feuchte Luft noch immer auf Temperaturen, die sogar über das hinausgingen, was Tenebrous und Plagueis ohne Hilfsmittel ertragen konnten. In der Nähe befand sich ein kleiner Minendroide, der die Aufgabe hatte, die Fortschritte einer Bergbausonde zu überwachen, die am Grunde eines tiefen Schachts eine Probe von einer reichen Cortosis-Erzader nahm. Manche bezeichneten Cortosis als sagenumwobenes Metall - teilweise, weil es so selten vorkam, vor allem jedoch aufgrund seiner spezifischen Eigenschaft, die Effektivität eines Jedi-Lichtschwerts zu verringern. Aus diesem Grund hatte der Jedi-Orden gewaltige Anstrengungen unternommen, um den Abbau und die Weiterverarbeitung dieses Erzes einzuschränken. Auch wenn das Cortosis den Orden nicht ins Verderben stürzen würde, war es dennoch ein Ärgernis für die Jedi, eine Kampfansage an den Ruf ihrer Waffen, die als Furcht einflößend und unbezwingbar galten.
Es war Tenebrous' Verdienst, dass die Sith vor den Jedi von den ergiebigen Cortosis-Adern auf Bal'demnic erfahren hatten, die dank eines Abkommens mit dem Republikanischen Senat das Vorrecht auf sämtliche Entdeckungen dieser Art hatten, ebenso wie auf adeganische Kristalle und machtsensitive Kinder aller Spezies. Allerdings waren Tenebrous und die Generationen von Sith-Meistern, die ihm vorausgingen, sehr darauf bedacht gewesen, geheime Daten zu sammeln, die ihnen ein weitläufiges Netzwerk von Informanten verschafften, von dem der Senat und die Jedi nichts ahnten, darunter auch Bergbau- Gutachterteams und Waffenfabrikanten.
»Ausgehend von den Daten, die ich empfange«, meldete sich der Droide zu Wort, »können zweiundachtzig Prozent des Erzes für waffentaugliche Cortosis-Ummantelungen aufbereitet werden.«
Plagueis sah Tenebrous an, der ihm ein zufriedenes Nicken schenkte. »Diese Prozentzahl entspricht dem, was zu erwarten mir gesagt wurde.«
»Von wem, Meister?«
»Nicht von Belang«, sagte Tenebrous.
Überall in dem überhitzten Tunnel lagen abgebrochene Bohrerspitzen, leere Atemtanks und verstopfte Filtermasken, alles von dem Forschungstrupp zurückgelassen, der den Schacht vor mehreren Standardmonaten in den Boden getrieben hatte. Aus dem breiten Mund des Schachts drangen die sich wiederholenden Geräusche der hydraulischen Bohrhämmer des Sondierungsdroiden - Plagueis war überzeugt, dass sie wie Musik für Tenebrous' Hörorgane klangen. »Wollt Ihr mir nichts über Eure Pläne für diese Entdeckung erzählen?«
»Alles zu seiner Zeit, Darth Plagueis.« Tenebrous wandte sich von ihm ab, um das Wort an den Minendroiden zu richten. »Instruiere die Sonde, die Beschaffenheit der Nebenader zu bestimmen.«
Plagueis studierte den am flachen Kopf des Droiden angebrachten Bildschirm, der eine Karte der Bewegungen der Sonde sowie eine grafische Analyse seiner Tiefenscans zeigte, die problemlos bis zum oberen Rand der Magmakammer reichten.
»Die Sonde führt eine Analyse durch«, brachte der Minendroide sie auf den neuesten Stand.
Während die stampfenden Laute der hydraulischen Bohrhämmer der Sonde in der Kristallhöhle widerhallten, ging Tenebrous um den Schacht herum, bloß um abrupt stehen zu bleiben, als das Bohren unvermittelt abbrach. »Warum hat die Sonde aufgehört? «, fragte er, bevor Plagueis ihm zuvorkommen konnte.
Die Antwort des Droiden kam prompt. »Die Em-Zwo-Einheit informiert mich darüber, dass sie direkt unter dem neu gebohrten Loch auf eine Gasblase gestoßen ist.« Der Droide hielt inne und fügte dann hinzu: »Es tut mir leid zu berichten, meine Herren, dass es sich bei diesem Gas um eine leicht brennbare Lethan- Variante handelt. Die Em-Zwo-Einheit hat errechnet, dass die Wärme, die ihre hydraulischen Bohrhämmer produzieren, eine Explosion von signifikanten Ausmaßen auslösen wird.«
Argwohn schlich sich in Tenebrous' Stimme. »Im ursprünglichen Bericht war keine Rede von Lethan.«
Der Droide schwenkte herum, um ihn anzusehen. »Davon ist mir nichts bekannt, Sir. Allerdings ist die Em-Zwo-Einheit diesbezüglich überaus beharrlich. Darüber hinaus bestätigt meine eigene Programmierung die Tatsache, dass es nicht ungewöhnlich ist, in unmittelbarer Nähe von Cortosis-Erz auf Lethan-Einlagerungen zu stoßen.«
»Befehl der Sonde, um die Lethan-Blase herum zu bohren«, sagte Plagueis.
»Die Em-Zwo-Einheit empfiehlt exakt dieses Vorgehen, Sir. Soll ich sie anweisen fortzufahren?«
Plagueis sah Tenebrous an, der nickte.
»Sag der Sonde, sie soll weitermachen«, erklärte Plagueis. Als das Gehämmer wieder einsetzte, richtete er den Blick auf den Bildschirm, um den Fortschritt der Sonde im Auge zu behalten. »Sag der Sonde, sie soll stoppen«, verkündete er, kaum dass ein paar Sekunden verstrichen waren.
»Was ist los?«, fragte Tenebrous vorpreschend.
Plagueis deutete auf den Schirm. »Die Karte weist in dem Bereich, in dem die Sonde gräbt, auf eine noch massivere Lethan- Konzentration hin.«
»Das ist korrekt, Sir«, sagte der Droide mit etwas, das Bestürzung gleichkam. »Ich werde die Einheit anweisen, sämtliche Aktivitäten einzustellen.«
Dennoch ging das Hämmern weiter.
»Droide«, schnappte Plagueis. »Hat die Sonde deinen Befehl bestätigt?«
»Nein, Sir. Der Em-Zwo reagiert nicht.«
Tenebrous versteifte sich und schaffte es gerade noch zu vermeiden, sich den Kopf an einem der massigen Kristalle in der Höhle anzuschlagen. »Ist die Sonde noch in Reichweite?«
»Ja, Sir.«
»Dann führ eine Kommunikationsdiagnose durch.«
»Das habe ich, Sir, und alle Systeme arbeiten normal. Die Unfähigkeit der Einheit zu reagieren ...« Der Droide verstummte kurz und begann dann von Neuem. »Die Weigerung der Einheit zu reagieren scheint vorsätzlich zu sein.«
»Deaktivier sie«, forderte Tenebrous. »Unverzüglich!«
Das Hämmern wurde langsamer und verstummte schließlich, jedoch nicht für lange.
»Die Em-Zwo-Einheit hat meinen Befehl außer Kraft gesetzt.«
»Unmöglich«, sagte Tenebrous.
»Ganz und gar nicht, Sir. Tatsächlich ist es höchstwahrscheinlich so, dass die Einheit eine tief verwurzelte Subroutine ausführt, die bislang nicht bemerkt wurde.«
Plagueis warf Tenebrous einen raschen Blick zu. »Wer hat die Sonde hergestellt?«
»Dies ist nicht die rechte Zeit für solche Fragen. Die Sonde ist drauf und dran, die Gasblase anzubohren.«
Die beiden Sith hasteten zum Rand des kreisrunden Schachts, streiften die Handschuhe ab und richteten ihre ungeschützten, langfingrigen Hände in die pechschwarze Dunkelheit. Sogleich schoss ein Gewirr blauer, elektrischer Energie aus ihren Fingerspitzen, die in das Bohrloch hinabregnete. Die kraftvollen Blitze tasteten und tanzten dem Grund des Schachts entgegen und schlugen funkensprühend in dem Seitengang ein, den die Sonde gegraben hatte. Eine ganze Weile, nachdem die Sith ihre Kräfte eingesetzt hatten, drangen knisternde Geräusche aus der Öffnung. Dann setzte das sich wiederholende Wummern der Bohrhämmer erneut ein.
»Es ist das Erz«, meinte Tenebrous. »Der Widerstand ist hier zu groß.«
Plagueis wusste, was zu tun war. »Ich gehe runter«, sagte er und war bereits drauf und dran, in den Schacht zu springen, als Tenebrous ihn zurückhielt.
»Das kann warten. Wir kehren in die Grotte zurück.«
Plagueis zögerte und nickte dann. »Wie Ihr meint, Meister.«
Tenebrous schwang zu dem Droiden herum. »Versuch weiterhin, die Einheit zu deaktivieren.«
»Sehr wohl, Sir. Dazu muss ich allerdings hierbleiben.«
»Na und?«, entgegnete Tenebrous und legte den Kopf schief.
»Sollten meine Bemühungen fehlschlagen, wird die anschließende Explosion zweifellos zu meiner Zerstörung führen.«
Plagueis verstand. »Du warst uns von Nutzen, Droide.«
»Vielen Dank, Sir.«
Tenebrous blickte finster drein. »Du vergeudest deinen Atem.«
Plagueis, den Tenebrous' hastiger Abgang etwas aus dem Konzept brachte, musste auf die Macht zurückgreifen, bloß um mit ihm Schritt zu halten. Dem ansteigenden Pfad folgend, den sie von der Grotte aus eingeschlagen hatten, in der ihr Raumschiff wartete, flogen sie förmlich den kristallübersäten Tunnel hinauf, durch den sie sich zuvor ihren Weg in die Tiefe gebahnt hatten. Plagueis begriff zwar, dass eine gewaltige Explosion möglicherweise unmittelbar bevorstand, doch die beinahe fluchtartige Hatz seines Meisters an die Oberfläche verwirrte ihn. In der Vergangenheit hatte Tenebrous nur selten Anzeichen von Unbehagen gezeigt, von Furcht ganz zu schweigen. Welche Gefahr hatte er also gespürt, dass es ihn so überstürzt von hier forttrieb? Und wann waren sie überhaupt jemals vor Gefahr geflohen, ganz gleich, welcher Art? Geschützt von den Kräften der Dunklen Seite konnten die Sith ja kaum den Tod fürchten, wenn sie mit ihm im Bunde waren. Plagueis ließ seine Sinne wandern, um die Quelle von Tenebrous' Grauen ausfindig zu machen, aber die Macht blieb stumm.
Zehn Meter vor ihm duckte sich der Bith unter einem vor Feuchtigkeit schlüpfrigen Felsvorsprung hindurch. Allerdings verleitete seine Eile ihn dazu, sich zu früh wieder aufzurichten, und seine linke Schulter prallte gegen den rauen Fels - eine Stelle seines Anzugs hing in Fetzen.
»Meister, gestattet mir vorauszugehen«, sagte Plagueis, als er Tenebrous erreichte. Er war zwar bloß geringfügig agiler als der Bith, doch er konnte im Dunkeln besser sehen und sein Orientierungssinn war ausgeprägter. Hinzu kam noch das, was die Macht ihm diesbezüglich verlieh.
Tenebrous, dessen Schulter schwerer angeschlagen war, als er gedacht hatte, tat das Angebot dennoch mit einem Wink ab. »Vergiss nicht, wo dein Platz ist.« Nachdem er das Gleichgewicht und die Fassung zurückgewonnen hatte, eilte er mit großen Schritten weiter. An einer Gabelung des Tunnels schlug er jedoch den falschen Weg ein.
»Hier entlang, Meister«, rief Plagueis aus dem anderen Korridor, doch er blieb stehen, um dem anderen Mann die Führung zu überlassen.
Dichter an der Oberfläche öffneten sich die Tunnel zu Höhlen von der Größe von Kathedralen, glatt geschliffen und ausgehöhlt von Regenwasser, das zu bestimmten Jahreszeiten des langen Bal'demnic'schen Jahres noch immer hereinströmte. In Tümpeln stehenden Wassers schossen verschiedene Spezies blinder Fische umher. Über ihnen nahmen Fledermausfalken panisch Reißaus von ihren Schlafplätzen unter der gesprenkelten Decke. Natürliches Licht in weiter Ferne spornte die beiden Sith an, auf die Grotte zuzulaufen, so schnell sie nur konnten. Trotz allem jedoch waren sie eine Winzigkeit zu langsam.
Die Gasexplosion holte sie just in dem Moment ein, als sie die von Helligkeit erfüllte Öffnung oben auf der Klippe erreichten. Aus den Untiefen des Tunnels hallte ein kreischendes, elektronisches Heulen wider, während gleichzeitig eine sengend heiße Bö durch das Loch in der gewölbten Decke der Grotte nach unten fuhr, durch das sie mit dem Schiff hereingeflogen waren. Fast war es, als würde das Höhlensystem nach Atem ringen. Eine gedämpfte Detonation folgte, die dafür sorgte, dass sich der Boden aufbäumte, dann ein tosender Feuerball, der das glühend heiße Ausatmen des Labyrinths darstellte. Tenebrous wirbelte zu dem Tunnel herum, den sie gerade verlassen hatten, und schaffte es irgendwie, auf den Beinen zu bleiben, als er mit seinen winkenden Armen einen Machtschild heraufbeschwor, der auf den Feuerball traf und ihn umhüllte. Tausende brennender Fledermausfalken flatterten in dem Getöse umher wie vom Wind verwehte Glut.
Einige Meter entfernt hob Plagueis, der von der Wucht der verdampfenden Explosion mit dem Gesicht voran zu Boden geschleudert worden war, gerade rechtzeitig den Kopf, um zu sehen, wie gewaltige Felsbrocken aus der Unterseite der gewölbten Decke brachen. Direkt unterhalb der herabstürzenden Felsen stand ihr Raumschiff.
»Meister!«, rief er, rappelte sich auf und hob die Arme, um die Felsbrocken in der Luft zu halten.
Seine eigenen Arme noch immer in einer die Macht heraufbeschwörenden Geste erhoben schwang Tenebrous herum, um Plagueis' Bemühungen zu unterstützen. Hinter ihm loderten die letzten Flammen des Feuerballs aus dem Tunnelmund, um über seinen Rücken zu lecken und ihn tiefer in die Grotte zu treiben.
Die Höhle unter ihren Füßen bebte weiter und schickte dabei Schockwellen durch die nachgebende Decke. Von der Scheitelöffnung breiteten sich Risse wie ein Spinnennetz aus, um überall in der Grotte für Einstürze zu sorgen. Plagueis vernahm ein mahlendes Geräusch über sich und verfolgte, wie sich ein Spalt im Zickzack seinen Weg über die Decke bahnte, um eine Gesteinsschicht nach der anderen herabregnen zu lassen, während er der geschwungenen Wand der Grotte folgte.
Jetzt jedoch war es Tenebrous, der sich direkt darunter befand. Und in diesem Moment erkannte Plagueis die Gefahr, die Tenebrous zuvor vorhergesehen hatte: seinen Tod. Seinen Tod durch Plagueis' Hand.
Während Tenebrous damit beschäftigt war, die Felsbrocken in der Luft zu halten, die das Schiff zu zerschmettern drohten, orientierte Plagueis sich rasch, richtete die erhobenen Hände auf die herabstürzenden Felsen über seinem Meister und ließ sie mit einer Abwärtsbewegung beider Arme so schnell und mit so viel Schwung nach unten sausen, dass sie Tenebrous unter sich begruben, dem kaum genügend Zeit blieb zu begreifen, wie ihm geschah.
Steinstaub wirbelte um ihn herum auf, als Plagueis reglos dastand, während Felsbrocken auch das Raumschiff verschütteten. Gleichwohl, er schenkte dem keine Beachtung. Dass es ihm gelungen war, die Decke auf Tenebrous herabstürzen zu lassen, war Beweis genug dafür, dass der Bith träge und entbehrlich geworden war. Andernfalls hätte er die wahre Natur der Gefahr, die er gespürt hatte, erkannt, und dann wäre Plagueis derjenige gewesen, der jetzt zerquetscht auf dem Boden der Grotte läge, der Kopf zertrümmert wie ein Ei und die Brusthöhle vom spitzen Ende eines herabfallenden Stalaktiten durchbohrt.
Als er an Tenebrous' Seite eilte, kündete seine Hast gleichermaßen von Aufregung wie von schierem Theater. »Meister!«, rief er, kniete nieder und nahm sich und Tenebrous die Atemgeräte ab. Seine Hände scharrten an den Steinen, um etwas von der zermalmenden Last beiseite zuwerfen. Allerdings war Tenebrous' Lunge durchbohrt, und Blut gurgelte in seinem Rachen. Zerfetzte Löcher in den Ärmeln des Schutzanzugs enthüllten esoterische Körpermale und Tätowierungen.
»Hör auf damit, Schüler«, brachte Tenebrous mühsam hervor. »Du wirst all deine Kraft brauchen.«
»Ich kann Hilfe holen. Wir haben noch Zeit ...«
»Ich sterbe, Darth Plagueis. Nur dafür ist jetzt Zeit.«
Plagueis hielt dem gequälten Blick des Bith stand. »Ich habe alles getan, was ich konnte, Meister.«
Tenebrous unterbrach ihn einmal mehr. »Stark in der Macht zu sein ist das eine. Aber von sich selbst zu glauben, man sei allmächtig, bedeutet, dem Unglück Tür und Tor zu öffnen. Vergiss nicht, dass selbst in den ätherischen Gefilden, in denen wir weilen, Unvorhergesehenes geschehen kann.« Ein stotternder Hustenanfall brachte ihn einen Moment lang zum Schweigen. »Vermutlich ist es so besser, als durch deine Hand zu enden.«
Genauso, wie Darth Bane es sich gewünscht hätte, dachte Plagueis. »Wer hat die Minensonde geliefert, Meister?«
»Subtext«, sagte Tenebrous mit schwacher Stimme. »Subtext Bergbau.«
Plagueis nickte. »Ich werde Euch rächen.«
Tenebrous neigte seinen gewaltigen Schädel fast unmerklich. »Wirst du das?«
»Natürlich.«
Falls das den Bith überzeugte, behielt er es für sich. Stattdessen sagte er: »Es ist dein Schicksal, die Stunde der Sith einzuläuten, Plagueis. Dir fällt es zu, den Jedi-Orden in die Knie zu zwingen und die übrigen Lebewesen in der Galaxis vor sich selbst zu retten.«
Zu guter Letzt, sagte Plagueis sich, wechselt das Zepter den Besitzer.
»Doch ich muss dich warnen ...«, begann Tenebrous und verstummte abrupt.
Plagueis konnte spüren, wie der hoch entwickelte Verstand des Bith die jüngsten Ereignisse Revue passieren ließ, Wahrscheinlichkeiten kalkulierte und zu Schlussfolgerungen gelangte. »Wovor wollt Ihr mich warnen, Meister?«
In Tenebrous' schwarzen Augen schimmerte gelbes Licht, und seine freie Hand umklammerte den Ringkragen von Plagueis' Schutzanzug. »Du!«
Plagueis löste die dürre Hand des Bith gewaltsam von dem Stoff und grinste schwach. »Ja, Meister, Euer Tod geht auf meine Rechnung. Ihr habt selbst gesagt, dass zielgerichtete Beharrlichkeit der Schlüssel zum Sieg ist, und dem ist tatsächlich so. Fahrt mit dem Wissen ins Grab, dass Ihr der Letzte der alten Ordnung seid, der viel gepriesenen Regel der Zwei, und dass die neue Ordnung jetzt beginnt und tausend Jahre lang meiner Kontrolle unterworfen sein wird.«
Tenebrous hustete Speichel und Blut. »Dann nenne ich dich jetzt zum letzten Mal Schüler. Und ich applaudiere, wie geschickt du Überraschung und Irreführung eingesetzt hast, um dein Ziel zu erreichen. Womöglich war es falsch von mir zu denken, dass du nicht das Zeug dazu hast.«
»Die Dunkle Seite hat mich geleitet, Tenebrous. Ihr habt das gespürt, aber Euer Mangel an Vertrauen in mich hat Euer Denken getrübt.«
Der Bith nickte zustimmend. »Schon, bevor wir nach Bal'demnic aufbrachen.«
»Und dennoch kamen wir hierher.«
»Weil wir dazu bestimmt waren.« Tenebrous hielt inne, bevor er mit neu erwachter Dringlichkeit sprach. »Doch warte! Das Schiff ...«
»Zerschmettert, genau wie Ihr.«
Plagueis schlug Tenebrous' Zorn entgegen. »Du hast alles riskiert, um mich zu vernichten! Die gesamte Zukunft der Sith! Letzten Endes zeigt sich doch, dass mein Instinkt, was dich betrifft, richtig war!«
Plagueis lehnte sich scheinbar lässig von ihm fort, doch in Wahrheit erfüllte ihn eisige Wut. »Ich werde einen Weg heim finden, Tenebrous, genau wie Ihr.« Und mit einer Hackbewegung seiner linken Hand brach er dem Bith das Genick.
Tenebrous war gelähmt und bewusstlos, aber noch nicht tot. Plagueis war nicht darauf erpicht, ihn zu retten - selbst, wenn das möglich gewesen wäre -, doch es interessierte ihn, das Verhalten der Midi-Chlorianer des Bith zu beobachten, wenn das Leben ihn verließ. Die Jedi betrachteten die Zellorganellen als Symbionten, doch für Plagueis waren Midi-Chlorianer Eindringlinge, die die Verbindung zur Macht störten und die Fähigkeit eines Wesens beeinträchtigten, mit der Macht in direkten Kontakt zu treten. Durch Jahre des Experimentierens und gezielte Medikation hatte Plagueis die Gabe geschärft, die Aktivitäten von Midi-Chlorianern wahrzunehmen, wenn auch bislang nicht die Fähigkeit, sie zu manipulieren - sie zu manipulieren, um Tenebrous' Leben zu verlängern.
Als er den Bith durch die Macht betrachtete, sah er, dass die Midi-Chlorianer bereits abzusterben begannen, genau wie die Neuronen, aus denen Tenebrous' hochmütiges Hirn bestand, und die Muskelzellen, die sein einstmals kräftiges Herz antrieben. Einer allgemein verbreiteten, irrigen Vorstellung zufolge handelte es sich bei den Midi-Chlorianern um Macht übertragende Partikel, obgleich sie in Wahrheit mehr wie Umwandler funktionierten, wie Gesprächspartner, die einem den Willen der Macht vermittelten. Plagueis betrachtete seine langjährige Faszination für die Organellen als etwas ebenso Natürliches, wie es Tenebrous' Fixierung darauf gewesen war, die Zukunft zu formen. Im Gegensatz zur Bith-Intelligenz, die auf Mathematik und Berechnung fußte, wurde die Muun-Intelligenz vom Streben nach dem eigenen Vorteil motiviert. Als Muun sah Plagueis seine Verbindung zur Macht als Investition an, die sich - den angemessenen Aufwand vorausgesetzt - maximieren ließ, um stattliche Früchte zu tragen. Gewiss, der Muun-Psychologie und -Tradition zufolge hatte er geglaubt, dass sich seine Erfolge über die Jahrzehnte summierten, weshalb er Tenebrous nicht ein einziges Mal ins Vertrauen gezogen hatte.
Die absterbenden Midi-Chlorianer des Bith erloschen wie Lämpchen, die allmählich ihrer Energiequelle beraubt wurden, und dennoch konnte Plagueis Tenebrous nach wie vor in der Macht wahrnehmen. Eines Tages würde es ihm mit Erfolg gelingen, den Midi-Chlorianern seinen Willen aufzuzwingen, um sie am Leben zu erhalten. Indes, solche Spekulationen waren für eine andere Zeit bestimmt. In diesem Moment befanden sich Tenebrous und alles, was er im Leben gewesen war, außerhalb von Plagueis' Einflussbereich.
Er fragte sich, ob das bei den Jedi ähnlich war. Verhielten sich die Midi-Chlorianer bei einem Jedi zu Lebzeiten genauso, wie sie es bei jemandem taten, der sich der Dunklen Seite verschrieben hatte? Wurden die Organellen durch unterschiedliche Impulse motiviert, von unterschiedlichen Bedürfnissen dazu gedrängt, aktiv zu werden? Er war im Laufe seines langen Lebens vielen Jedi begegnet, ohne dass er jemals den Versuch unternommen hätte, einen von ihnen so zu studieren, wie er jetzt Tenebrous taxierte, und das allein aus seiner Sorge heraus, die Stärke seiner Verbindung zur Dunklen Seite preiszugeben. Auch das musste sich möglicherweise ändern.
Tenebrous starb, während Plagueis ihn beobachtete. In Banes Zeitalter besaß ein Sith womöglich einen Schutz gegen den Versuch einer Essenzübertragung durch die Verstorbenen - gegen den Sprung ins Bewusstsein desjenigen Sith, der überlebt hatte -, doch diese Zeiten waren lange vorüber und nicht mehr von Bedeutung - nicht, seit die Lehren sabotiert worden waren, seit die Technik verloren ging. Der letzte Sith, der dieses Wissen besaß, war auf unerklärliche Weise auf die helle Seite der Macht gezogen und getötet worden, um seine Geheimnisse mit sich ins Grab zu nehmen ...
2. Kapitel INNENLEBEN
Plagueis war sich nicht sicher, wie lange er an Tenebrous' Seite verweilte. Lange genug jedenfalls, dass seine Beine zitterten, als er sich erhob, und sich der Staub der Explosion etwas gelegt hatte. Erst, als er einige Schritte zurücktrat, wurde ihm bewusst, dass auch er die jüngsten Ereignisse nicht unbeschadet überstanden hatte. Irgendwann - vermutlich, als er mit Tenebrous' Ermordung beschäftigt gewesen war - hatte ein Stein oder irgendein anderes Geschoss einen Gutteil seines Kreuzes verletzt, und nun war die dünne Tunika, die er unter dem Schutzanzug trug, blutgetränkt.
Trotz des wirbelnden Staubs atmete er tief ein, was stechende Schmerzen im Brustkorb und ein Husten nach sich zog, bei dem Blut in die heiße Luft sprühte. Mithilfe der Macht betäubte er sich gegen die Pein und trug seinem Körper auf, die Schmerzen nach besten Kräften einzudämmen. Als die Verletzung ihn schließlich nicht mehr voll beanspruchte, schaute er sich in der Grotte um, ohne dass er sich dabei von der Stelle rührte. Stattdessen drehte er sich einmal komplett im Kreis. Überall auf dem harten Boden verstreut lagen Fledermausfalken, die in ihrer Not zirpten und sich mit ihren Krallen einen Weg durch die eigenen Reihen bahnten. Weit über ihm fiel ein schräger Balken staubschwangeren Tageslichts durch das große Loch in der Höhlenkuppel herein, das seinerseits das Resultat eines früheren Einsturzes war. Unweit des Wirrwarrs von Gestein, das das Beben auf dem Grottenboden angehäuft hatte, stand Tenebrous' kleines, aber einzigartiges Raumschiff - ein Modell, das Rugess Nome selbst entworfen hatte. Die Verbundmetallflügel und der kleine Bug ragten aus dem kunstlosen Mausoleum hervor, das die Explosion dafür geschafften hatte. Und schließlich, nur wenige Meter entfernt, lag Tenebrous, auf ähnliche Weise begraben.
Als sich Plagueis dem Schiff näherte, sah er sich die Schäden an, die die Deflektorschild- und Navigationseinheiten, die Kühlleitungen, die Sensoren und die Antennen davongetragen hatten. Gewiss wäre es Tenebrous möglich gewesen, einige der Bauteile zu reparieren, aber Plagueis hatte von derlei keine Ahnung. Ihm mangelte es nicht nur an den feinmotorischen Fähigkeiten des Bith, sondern auch an seinem Wissen über die Systeme des Schiffs. Obgleich einmalig, ein Wunder der Ingenieurskunst, konnte das Schiff dennoch nicht mit Tenebrous in Verbindung gebracht werden, da sowohl die Registrierung als auch der Name falsch waren. Es bestand die Möglichkeit, dass der Notfallpeilsender noch funktionierte, doch Plagueis widerstrebte es, ihn zu aktivieren. Sie waren heimlich auf Bal'demnic gelandet, und er hatte vor, genauso wieder von hier zu verschwinden. Aber wie?
Wieder blickte er mit zusammengekniffenen Augen in das Licht empor, das durch die Scheitelöffnung hereinströmte. Nicht einmal seine Machtkräfte genügten, um ihn vom Boden der Grotte bis ganz hinauf zu diesem starren Auge zu katapultieren. Dazu brauchte man schon einen Raketenrucksack, und das Schiff hatte keinen an Bord. Sein Blick schweifte von der Öffnung in der Decke zu den geschwungenen Wänden der Grotte. Er nahm an, dass er an der gewölbten Unterseite der Kuppel entlangklettern konnte, um zu dem Auge zu gelangen, doch jetzt sah er einen besseren Weg. Mehr noch: Er sah einen Weg, um zwei Aufgaben gleichzeitig zu erledigen.
Von einer Stelle mittig zwischen dem Schiff und dem Trümmerhaufen unter der Scheitelöffnung aus öffnete er sich der Macht und begann mit Gesten, die jenen nicht unähnlich waren, die Tenebrous und er eingesetzt hatten, um den Deckeneinsturz hinauszuzögern. Doch nun ließ er Felsbrocken vom Schiff in die Höhe schweben, um sie dem Schutthaufen hinzuzufügen. Er hörte erst auf, als er sowohl die Einstiegsluke des Schiffs freigelegt hatte als auch zuversichtlich war, vom Gipfel des vergrößerten Haufens aus mit einem Machtsprung durch die Deckenöffnung zu gelangen.
Gleichwohl, als er die Luke zu öffnen versuchte, stellte er fest, dass sie sich nicht rührte. Am Ende gelang es ihm, sich durch das Cockpit Zutritt ins Innere des Schiffs zu verschaffen, indem er die Transparistahlkanzel mit einer Reihe von Machthieben traktierte. Nachdem er hineingeklettert war, holte er seine Reisetasche, in der sich unter anderem ein Komlink, sein Lichtschwert und Wechselkleidung befanden. Außerdem nahm er Tenebrous' Komlink und Lichtschwert an sich und löschte den Speicher des Navigationscomputers - für alle Fälle. Sobald er das Schiff wieder verlassen hatte, streifte er den Schutzanzug und die blutgetränkte Tunika ab und tauschte beides gegen eine dunkle Hose, ein Überhemd, leichte Stiefel und ein Gewand mit Kapuze ein. Er hakte beide Lichtschwerter an seinen Gürtel, aktivierte das Komlink und rief eine Karte von Bal'demnic auf. Mit nur wenigen Satelliten in der Umlaufbahn verfügte der Planet über kein nennenswertes globales Ortungssystem, aber die Karte verriet Plagueis auch so alles, was er über das Gebiet wissen musste, in dem er sich momentan befand.
Er schaute sich ein letztes Mal um. Es war nicht allzu wahrscheinlich, dass irgendein Eingeborener Grund dazu hatte, die Grotte zu erkunden, und sogar noch unwahrscheinlicher war es, dass ein anderer interstellarer Besucher diesen Ort aufsuchen würde. Dessen ungeachtet verwandte er einen Augenblick darauf, die Szene objektiv zu betrachten.
Ein teilweise zerschmettertes, aber teures und ausschlachtenswertes Schiff. Der verfaulte Leichnam eines Bith-Raumfahrers. Die Folgen einer Explosion ... All das wies auf einen Unglücksfall in einer Galaxis hin, die vor derlei schier überquoll.
Zufrieden sprang Plagueis oben auf den Trümmerhaufen und dann durch die Decke hinaus in das, was von diesem Tag noch übrig war.
Die sengende Hitze von Bal'demnics Hauptgestirn knallte auf seine bloße Haut hernieder, und eine hartnäckige Brise vom Meer her zerrte an seinem Gewand. Im Westen und im Süden breitete sich der azurblaue Ozean aus, so weit sein Auge reichte, um dort weiße Schaumkronen zu bilden, wo das Wasser gegen das Ufer hämmerte. Zerklüftete, entblößte Hügel verschwanden in der Gischt der See. Plagueis malte sich eine Zeit aus, als Wälder die Landschaft beherrscht hatten, damals, bevor die einheimischen Kon'me die Bäume gefällt hatten, um Baumaterial und Feuerholz daraus zu machen. Jetzt wurde das, was an Vegetation überlebt hatte, von den steilen Schluchten begrenzt, die die braunen Hügel voneinander trennten. Es war ein Anblick von düsterer Schönheit. Möglicherweise, sinnierte er, barg dieser Planet doch mehr als nur Cortosis-Erzvorkommen.
Plagueis, der den Großteil seines Erwachsenenlebens auf Muunilinst verbracht hatte, war mit Wasserwelten durchaus vertraut. Allerdings hatte er im Gegensatz zu den meisten Muun ebenso Erfahrung mit abgelegenen, primitiven Planeten, nachdem er seine Kindheit und die Jugendjahre auf einer Unzahl ähnlicher Welten und Monde zugebracht hatte.
Während sich diese Hemisphäre von Bal'demnic rasch der Nacht entgegendrehte, gewann der Wind an Stärke, und die Temperatur sank. Die Karte, die er auf dem Komlink aufgerufen hatte, zeigte, dass sich der Hauptraumhafen des Planeten bloß ein paar Hundert Kilometer weiter südlich befand. Tenebrous hatte den Raumhafen absichtlich gemieden, als sie auf dem Planeten runtergegangen waren. Deshalb waren sie über die nördliche Polkappe hergekommen, nicht über das Meer. Plagueis berechnete, dass er die Entfernung zum Raumhafen bis zum morgigen Abend hinter sich gebracht haben konnte, womit ihm immer noch eine Standardwoche Zeit blieb, um rechtzeitig nach Muunilinst zurückzukehren, um der Zusammenkunft auf Sojourn vorzustehen. Allerdings wusste er ebenfalls, dass die Route dorthin ihn durch Gebiete führen würde, die von elitären und pöbelhaften Kon'me gleichermaßen besiedelt wurden. Deshalb beschloss er, nachts zu reisen, um den Kontakt mit diesen widerlichen, fremdenfeindlichen Reptilienwesen zu vermeiden. Es hatte wenig Sinn, eine Spur von Toten hinter sich herzuziehen.
Copyright © 2012 by Verlagsgruppe Random House GmbH, München
... weniger
Autoren-Porträt von James Luceno
James Luceno ist Drehbuchautor der Filme Die Maske des Zorro und der Kult-TV-Serie Robotech und hat bereits mehrere besonders erfolgreiche Star-Wars-Romane geschrieben. Derzeit lebt er in Annapolis, Maryland. Andreas Kasprzak, Jahrgang 1972, arbeitet seit dem Abschluss seiner Buchhändlerlehre als Autor und Übersetzer, u. a. von »Star Wars«, »Warcraft«, »Minecraft« und »Assassin´s Creed«.
Bibliographische Angaben
- Autor: James Luceno
- 2012, Deutsche Erstausgabe, 569 Seiten, Masse: 13,5 x 20,6 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Andreas Kasprzak
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442380456
- ISBN-13: 9783442380459
- Erscheinungsdatum: 15.11.2012
Kommentare zu "Star Wars, Darth Plagueis"
0 Gebrauchte Artikel zu „Star Wars, Darth Plagueis“
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
3 von 5 Sternen
5 Sterne 1Schreiben Sie einen Kommentar zu "Star Wars, Darth Plagueis".
Kommentar verfassen