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  • 5 Sterne

    3 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    leseleucht, 21.04.2024

    Als Buch bewertet

    Weiterleben
    Mit grosser Begeisterung habe ich Caroline Wahls ersten Roman „22 Bahnen“ gelesen und die Fortsetzung mit Spannung erwartet. Letztlich bin ich in meinen Erwartungen nicht enttäuscht worden. Auch „Windstärke 17“ hat in mir einen Lesesog ausgelöst, und ich habe das Büchlein nur ab und an ungern aus der Hand gelegt. Die Autorin hat ein Talent, schwere Dinge in lakonischen, aber dennoch nicht weniger eindringlichen Sätzen zwischen Kindheitswohlfühlmomente wie pinken Nikianzug oder Botincheneis zu verpacken. Manchmal schon so, dass man sich als Leser nicht verleiten lassen darf, Ida als verwöhntes Ferienmädchen bei Marianne und Knut zu sehen, sondern sich bewusst zu machen, was es für ein Mädchen von Anfang 20 bedeuten muss, die eigene Mutter nach einem Streit und einem besonders schönen Wochenendtrip nach Prag in der Wohnung tot aufzufinden: Tablettenüberdosis.
    Darum geht es in dem zweiten Roman von Caroline Wahl: um Ida, Tildas jüngere Schwester. Tilda hat ihren Lebensweg gefunden. Ida haut nach dem Tod der Mutter ab, nach Rügen, möglichst weit weg. Und trifft dort auf Knut und Marianne, die sie bei sich aufnehmen, ohne Fragen zu stellen. Und auf Leif, aufgewachsen auf der Insel, eigentlich international erfolgreicher DJ, aber aus nur angedeuteten Gründen gerade bei seinem dementen Grossvater auf der Insel. Eigentlich jemand, den Ida im Moment so gar nicht gebrauchen kann. Und als dann auch Marianne ein schwerer Schicksalsschlag trifft, bricht Idas fragile Welt erneut in sich zusammen, und all ihre Schuldgefühle hinlänglich des Todes ihrer alkoholabhängigen Mutter brechen wieder hervor. Wie lässt es sich weiterleben in einer solchen Welt?
    Man muss Caroline Wahls ersten Roman nicht kennen, um „Windstärke 17“ lesen und verstehen zu können. Ida hat ihre ganz eigene Geschichte. Und auch ihren ganz eigenen Charakter. Wirkte Tilda so überlegt und handfest und ruhig und fand in Viktor ihr Pendant, so ist Ida das genaue Gegenteil. Sie schwankt, durchlebt ihren ganz eigenen Hypertornado mit Windstärke 17, und lässt sich treiben und ordentlich durchschütteln. Auch sie sucht nach Linderung in exzessiven Waldläufen und im Schwimmen, strebt aber mehr als bei Tilda danach, ihre physischen und psychischen Grenzen zu überschreiten. Auch die Beziehung zu Leif ist fragil, kein Fels in der Brandung. Und so bleibt konsequenter Weise das Ende offen. Schade ist nur, dass Ida das Malen – zugunsten des Schreibens – aufgegeben hat. Denn die Schilderung der Bilder, die die junge Ida im ersten Roman malt, waren ein Lesevergnügen für sich. Ob Ida der Autorin mehr ähnelt als Tilda mag Raum für Spekulationen bieten.
    Die beiden Romane verknüpfen der Caroline Wahl eigene Schreibstil und die beiden Schwestern Tilda und Ida. Aber „Windstärke 17“ ist nicht einfach eine Neuauflage des Erfolgsromanvorgängers, sondern eine Geschichte, die es um ihrer selbst willen wert ist, gelesen zu werden.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Ladybug, 19.06.2024

    Als Buch bewertet

    Nachdem ich begeistert Carolines Debütroman „22 Bahnen“ verschlungen hatte, wollte ich unbedingt auch das zweite Buch der Autorin lesen. Diesmal steht Tilda, Ida’s kleine Schwester im Fokus und es sind mittlerweile auch einige Jahre vergangen. Nach dem Tod der alkohlkranken Mutter weiss Tilda nicht wohin mit all ihren Gefühlen, aber eines weiss sie sicher, sie will weg! Irgendwohin, doch sicher nicht zu ihrer Schwester. Also landet sie eher zufällig auf Rügen, wo sie auf Knut, einen Kneipenbesitzer trifft. Er bietet ihr neben einem Job auch eine Unterkunft bei sich zu Hause und seiner Frau Marianne an. Tilda fühlt sich sehr wohl bei dem älteren Ehepaar und ihr Seele scheint langsam zu heilen. Dann gibt es noch Leif, der in ihrem Herzen wohlige Wärme hervorruft. Alles läuft toll, bis Marianne krank wird…. Wie in 22 Bahnen erleben wir wieder diesen einzigartigen Erzählstil von kurzen und einfachen Sätzen. Die Charaktere und auch das Setting sind bildlich gut dargestellt und man konnte direkt eine Verbindung zu jedem einzelnen aufbauen. Wie bereits im vorigen Buch ist das Grundthema im wesentlichen das Gleiche: schwierige Kindheit, komplizierte Mutter-Tochter-Beziehung, Schuldgefühle, Genussmittel, Liebe und Krankheit. Caroline Wahl hatte mich wieder gefesselt und mit Windstärke 17 erneut einen aufwühlenden und sehr intensiven Roman zu Papier gebracht. Allerdings fand ich persönlich „22 Bahnen“ einen kleinen Tick stärker.

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  • 5 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Kathrin M., 19.04.2024

    Als Buch bewertet

    Caroline Wahls 'Windstärke 17' ist, wie erwartet' eine Wucht und steht seinem Vorgänger '22 Bahnen' in nichts nach.
    Es ist eine emotional unglaublich aufwühlende Reise, Ida auf ihrem Weg zu begleiten; wie die mehr oder weniger gut den Tod ihrer Mutter verarbeitet, sich von ihrer Schwester emanzipiert und Leif kennenlernt, der ähnliche Päckchen mit sich rumzutragen scheint…

    Emotional aufwühlend, weil Caroline Wahl wie kaum eine andere es schafft, Gefühle in Worte zu kleiden, die bis ins Mark erschüttern und das Herz beim
    Lesen mit eiserner Faust umschliessen. Dass dieser Griff Seite um Seite lockerer wird und am Ende sogar aufatmen lässt, ohne in einem profanen, uninspirierten Happy End zu verglimmen, ist diese besondere Kunst, die die Autorin nahezu unnachahmlich beherrscht.

    Nach dem Beenden des Buches bleiben nur Stossgebete, dass es ein weiteres Buch über Ida und Tilda geben wird.

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  • 5 Sterne

    Frederike Z., 22.06.2024

    Als Buch bewertet

    „Ich würde alles tun, um die Zeit zurückzudrehen. Ich würde alles tun, um die Zeit zurückzudrehen, und dann alles anders machen." (S. 207)

    Niemals wird Ida den Tag vergessen, als sie sie fand, die letzten Worte, die sie ihr an den Kopf warf, ihre Wut. Seit zwei Monaten war ihre Mutter tot, und sie alleine mit ihrer Trauer, der Scham, den Erinnerungen. Das einzige, was ihr hilft, ist Schreien, denn ihre Finger haben verlernt zu schreiben, haben sie der einzigen Sprache beraubt, die es vermochte, sie dem Alltag entfliehen zu lassen. Sie muss raus, weg aus der Kleinstadt, in der sie ihr ganzes bisheriges Leben verbracht hatte.

    „In mir tobt ein Sturm, ein Orkan, ein Tornado, der alle Fragen aufwirbelt, die ich immer im Boden zertrete, wenn sie auftauchen.“

    Sie steht am Strand und starrt auf die Wellen. Sie hatte sich keine Gedanken darüber gemacht, wohin sie fahren sollte, wollte nur weg, wollte Abstand gewinnen, strandet auf Rügen. Ein Meer zwischen sich und allem, was war, allem, was ist. Am liebsten wäre sie direkt in die Wellen gesprungen, doch die Angst, dass jemand ihren Koffer und ihren Laptop klauen könnte, überwiegt; dann hätte sie gar nichts mehr auf dieser Welt. Ida streift über die Insel, ihr Handy auf Flugmodus, ihre Gedanken in den Wolken, bis sie Knut kennenlernt, den Besitzer der Inselkneipe „Zur Robbe“. Eins führt zum Anderen, und statt im Viererzimmer in der Jugendherberge wacht Ida mit dem Duft frischen Brotes in der Nase auf, das Marianne, Knuts Frau, jeden Morgen backt. Tagsüber spielen sie Karten, spazieren durch den Wald und essen Botinchen, abends hilft Ida Knut in der „Robbe“. Die Tage vergehen, und die Routine und Geborgenheit lassen Ida atmen, doch der Knoten in ihrer Brust schmerzt noch immer. Und dann lernt sie Leif kennen, und alles fühlt sich ein bisschen erträglich an. Doch es dauert nicht lange, bis es wieder wehtut.

    „Ich dachte, wenn ich weit weg bin, dann sind die Gedanken leiser. Aber sie sind laut, und sie tun weh.“

    Diese ersten Seiten, sie taten weh; all den Schmerz zu spüren, der sich unaufhörlich in Ida aufbaut, ihre Verlorenheit, alles, was ihr etwas bedeutete, ihre Träume, zu verlieren, und schliesslich: ihre Kapitulation. Es sind ein paar Jahre vergangen zwischen dem Punkt, an dem „22 Bahnen“, der Debütroman von Caroline Wahl, endet und Idas Geschichte, „Windstärke 17“, beginnt, doch der Sound ist derselbe: melancholische Schwere meets lakonisch freche Dialoge und poetische Wortspielerei plus ein bisschen Liebes- und Lebenskummer. Ohne Kitsch, teilweise vielleicht ein bisschen zu pathetisch, ein bisschen wishful thinking - aber brauchen wir das nicht alle mal?
    .
    Je weiter Ida sich von ihrer Heimatstadt entfernt, von den Erinnerungen, die ständigen Nachfragen ihrer Schwester und ihrer besten Freundin Samara über den Flugmodus ausgeschaltet, desto mehr weichen die grauen Donnerwolken zärtlichen Wolkenschlieren, die ab und an sogar ein wenig Sonne hindurchlassen: Sie findet bei Marianne und Knut den Halt, den sie nach dem Tod ihrer Mutter so dringend braucht, findet Ablenkung, Fürsorge und eine Routine, und sie lernt, wieder auf ihre Stärken zu vertrauen, an sich und ihre Wünsche zu glauben. Und gleichermassen gibt sie den beiden durch ihre Anwesenheit, ihre Suche um Wärme eben auch das zurück.
    .
    Wärme findet Ida auch bei Leif, dem Enkel von Knut und Marianne, aber es wäre zu einfach, liefen sie einfach Hand in Hand in den Sonnenuntergang, fair enough, stattdessen sind da: Sehnsucht, Unbeständigkeit und wieder: Angst. Ich mochte die klugen, atemlosen Dialoge zwischen den beiden sehr, auch wenn mich Idas teilweise Gen Z-ige Art manchmal ein bisschen genervt hat - da merk’ ich dann doch, dass ich nicht mehr achtzehn bin. Aber Leif, der hat’s auf meine Book Boyfriend-Liste geschafft; ebenso wie all die neuen Facetten, die Ida zu einer so besonderen Protagonistin machen - die mir auch viel lieber ist als Tilda, herrje -, ist auch Leif mit all seinen Licht- und Schattenpunkten toll gezeichnet. Der Verlauf des Plots, ja gut, der war teils durchaus erwartbar, auch wenn Idas Beziehung zu Leif keine klischierte High School-Romance ist, wie sie sagt, aber ich hab’s einfach gefühlt. Gefühlt, gemocht, gelacht und geweint.

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  • 5 Sterne

    Marita R., 26.04.2024

    Als Buch bewertet

    wieder ein Volltreffer
    Caroline Wahl , deren erstes Buch „22 Bahnen“ mich berührt und mehr als überzeugt hat, schreibt nicht nur ihre Geschichte um Ida und Tilda weiter, sondern überzeugt auch mit diesem Buch und zeigt, dass sie es versteht, sich in die menschliche Psyche hineinversetzen zu können.

    Steht im ersten Buch der Autorin Tilda als grosse Schwester im Vordergrund, so ist es in „Windstärke 17“ Ida, die ihre Geschichte erzählt und Einblick gibt in ihre Gedankenwelt gewährt.
    Tilda ist mittlerweile Professorin in Hamburg, verheiratet und hat zwei Kinder. Ida ist bei ihrer alkoholkranken Mutter geblieben, hat nach dem Abitur versucht in Leipzig einen Studienplatz in Literaturwissenschaften zu bekommen und wurde abgelehnt.Ein Tiefschlag für sie, der sie ein wenig aus der Bahn wirft. Als sie dann eines Tages ihre Mutter tot in der Wohnung auffindet, die sich mit Tabletten das Leben genommen hat, zieht es ihr den Boden unter den Füssen weg. Sie kündigt die Wohnung und flüchtet, vor sich selbst, der Situation und ihren Schuldgefühlen. Sie strandet auf Rügen, findet bei Knut und Marianne eine Bleibe und versucht mit ihrem Leben klar zu kommen.

    Schön das erste Buch der Autorin hat mich tief beeindruckt, dieses Buch hat mich umgehauen.Die Autorin versteht es ,die Gefühlswelt eines tief verletzten und verunsicherten Menschen zu beschreiben, als hätte sie dies selbst erlebt, was vielleicht ja auch der Fall ist. Zu erleben, wie Kinder einer alkoholkranken Mutter leiden müssen, ist mir sehr ans Herz gegangen. Ida fühlt sich, genauso wie ihre Schwester Tilda verantwortlich, die Sachen zu übernehmen, die eigentlich die Mutter hätte übernehmen müssen.Eine Bürde, die kein Kind tragen darf. Bei Tilda waren es neben den alltäglichen Dingen, die mit der Versorgung des Haushalts zusammen hängen, die Sorge um die Schwester.Ida sorgt sich um die Mutter und macht sich nach ihrem Tod Vorwürfe, dass ,wenn sie etwas anderes oder mehr getan hätte, es nicht dazu gekommen wäre, was Unsinn ist, denn einem alkoholkranken Menschen kann man nur professionelle Hilfe anbieten, letztendlich schafft er es selbst, oder aber nicht.
    Hier wird aber sehr gut gezeigt, welch zwiespältigen Gefühle Angehörige und in diesem Fall das Kind, ausgesetzt sind. Ich stelle mir diese Gefühle als sehr belastend vor und sie können einen Menschen zerstören. Was bedeutet eine solche Kindheit für das spätere Leben, das eigene Selbstverständnis und für spätere Beziehungen ? Ich mag es mir nicht vorstellen.
    Auch von ihrer Schwester, die sie immer wieder versucht zu kontaktieren, nimmt Ida keine Hilfe an, selbst zur Beerdigung ihrer Mutter erscheint sie nicht, weil die Schuldgefühle zu gross sind.
    Erst auf Rügen bei Marianne und Knut findet sie nach und nach wieder zu sich selbst, doch der Gesundungsprozess ist schwer und langwierig, zumal sie mit weiterem Schmerz konfrontiert wird.

    Ich fand es bei dem schweren Thema schön zu erleben, wie sie doch Stück für Stück wieder zu sich selbst findet, nachdem sie zu Anfang so zerstörerisch gegen sich selbst war.
    Auch die Beschreibung ihres Selbstwertgefühls ist der Autorin gut gelungen. Ida hat nicht das Gefühl es wert zu sein Zuneigung von Menschen zu bekommen, kann sich auch nicht vorstellen, dass Menschen Interesse an ihr haben, wie z. B. Leif, weil sie selbst diese Zuneigung selten oder nie bekommen hat, da die Sucht die Mutter immer im Griff hatte .
    Es hat mir das Herz aufgehen lassen, wie liebevoll und beständig Knut und Marianne ihr dies vermittelt haben und sie nach und nach Vertrauen zu den beiden und zu sich selbst fasst.

    Dieses Buch hat mein Herz berührt und wird mir noch lange in Erinnerung bleiben.

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  • 5 Sterne

    Adele, 13.05.2024

    Als Buch bewertet

    Freischwimmen

    Vorab: für mich war 22 Bahnen mein Überraschungsbuch 2023, mich hat die Geschichte um Tilda und Ida unglaublich berührt und ich habe mit ihnen gelitten, geweint und mich natürlich ebenso gefreut. Mit Windstärke 17 setzt Caroline Wahl diese mitnehmende, authentische Geschichte nun fort, diesmal aus Idas Perspektive ca. 10 Jahre später. Doch kann sie damit an 22 Bahnen anschliessen, sich sogar übertreffen?

    Windstärke 17 beginnt wenige Wochen nach dem Tod von Idas und Tildas alkoholkranker Mutter. Ida ist Anfang 20, überfordert mit dem Verlust, verloren in Wut, Trauer und Schuldgefühlen und möchte einfach nur noch weg, ohne zu wissen wohin. In dieser Ziellosigkeit landet sie schliesslich an einem abgelegenen Zipfel des Landes, auf der Ostseeinsel Rügen. Die Insellage, den Launen der Natur ausgesetzt, ist nicht ohne Grund, das was sie angezogen hat, entspricht es doch am ehesten ihrem aufgewühlten Innenleben. Durch einen glücklichen Zufall lernt sie das ältere Paar Marianne und Knut kennen, und findet bei den bodenständigen Insulanern, genau das, was sie gerade so dringend braucht.

    Idas Gefühle, die mit dem Tod der Mutter ausbrechen, gehen weit über die Trauer hinaus. Da sind Wut und Enttäuschung über die Mutter, die aufgrund ihres Alkoholismus nie wirklich eine Mutter war, und all die Verletzungen der Vergangenheit, Schuldgefühle, und das Gefühl plötzlich allein auf der Welt zu sein.

    Bereits nach wenigen Zeilen und Seiten bin ich mit Ida und ihrem Fühlen und Erleben verschmolzen. Die Wut über den Verlust der Mutter, auf Tilda, sich selbst, die Welt, ohne Ziel und so stark, dass sie für Trauer (noch) keinen Platz lässt. Und dazu immer wieder Schuldgefühle, hätte sie mehr tun müssen? Etwas tun müssen? Caroline Wahl versteht es dieses undefinierbare Gefühl Idas, eine Symbiose aus so vielen schmerzhaften Empfindungen und ihrer Verdrängung, einzufangen und das Erleben ihrer Figur für die Leserin nicht nur nachvollziehbar, sondern fast spürbar zu machen.

    Mir hat sehr gefallen, dass die Autorin nach 22 Bahnen auch in Idas Geschichte dem Wasser eine so prominente Rolle einräumt. Ida kämpft mit den Wellen der Ostsee, wie sie mit und gegen sich selbst kämpft, gegen Trauer, Wut und Schuldgefühle. Sie dabei zu begleiten ist traurig und schön zugleich.

    Wird Ida wieder zu sich finden, vielleicht überhaupt erstmals ein eigenes Ich unabhängig von der Krankheit ihrer Mutter ausbilden können, ihren Weg und innere Stärke entdecken? Wird sie ihrer Mutter, Tilda und am wichtigsten, sich selbst verzeihen können? Welche Rolle werden Marianne und Knut, und der ebenso traurige, gezeichnete Leif, den sie auf der Insel kennenlernt, dabei spielen? Da hilft nur: unbedingt lesen und herausfinden!

    Man kann Windstärke 17 sicher auch gut lesen ohne 22 Bahnen zu kennen. Doch warum sollte man das tun und damit auf die wundervolle Geschichte darin und die Einblicke in Idas Vergangenheit verzichten?

    In Windstärke 17 zeigt Caroline Wahl was ein Aufwachsen in dysfunktionalen Familienverhältnissen mit uns macht, wie schwer es ist einen gesunden Weg zwischen Nähe und Abgrenzung zu finden, da man egal wie, nie der Herkunft wirklich entkommen kann. Und zuletzt bleiben bei allem eigenen Leid, Schuldgefühle, Trauer und Wut. Idas und Tildas Geschichten zeigen jedoch auch, wie man selbst in Situationen, die zu schwer zum Tragen anmuten, Hoffnung und sich selbst finden kann, um trotz oder vielleicht gerade wegen einer schweren Vergangenheit gestärkt ins Leben und die Zukunft zu treten!

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  • 5 Sterne

    Sarah E., 22.05.2024

    Als Buch bewertet

    Das Buch „Windstärke 17“ von Caroline Wahl ist im Dumont Verlag erschienen und fällt zu allererst aufgrund des wunderschönen Covers auf. Dies stellt vermutlich Acrylmalerei dar. Schaut man genau hin, so lässt sich feststellen, dass sich darauf zwei Personen befinden, die vor einem wilden Meer stehen. Eine Person hat lange Haare und die andere kurze. Dies lässt Raum für Spekulationen. Es könnte sich sowohl um Ida und Tilda handeln als auch um Ida und Leif. Ich gehe vom letzten Aspekt aus. Links der beiden Personen befindet sich ein relativ grosser schwarzer Berg bzw. ein Schatten dessen. Möglicherweise ein Schatten von den Kalksteinen auf Rügen. Ich gehe davon aus, dass es sich um die Schatten der Vergangenheit handelt, die Ida immer wieder einholen und die sie durchlebt.
    Ich dachte zuerst, dass Windstärke 17 ganz unabhängig von 22 Bahnen gelesen werden kann. Sicherlich sind beide Bücher auch relativ weit losgelöst voneinander. Dennoch werden in Windstärke 17 Themen aufgegriffen, die man wahrscheinlich erst durch 22 Bahnen erfährt. Meine Empfehlung wäre daher, erst 22 Bahnen von Caroline Wahl zu lesen und im Anschluss daran Windstärke 17.
    Der Schreibstil ist reif, emotional-neutral und ruft so einen ganz besonderen Geschmack in einem hervor - von Authentizität, durchdacht und poetisch.
    Mir hat das Buch von vorne bis hinten richtig gut gefallen. Dies lässt sich vor allem auf Ida zurückführen, die im Buch hervorragend gezeichnet wurde. Die Handlungen die sie durchführt, ihre Gedanken, ihre Art zu kommunizieren mit andere Personen waren stimmig und in sich geschlossen. Auch am Ende des Buches bleibt sie sich treu und dennoch sieht man eine leichte Entwicklung bei ihr. Man erkennt, dass sie sich etwas gelöst hat, vor allem auch in Hinblick auf neue Vertrauenspersonen, die sie im Laufe des Buches gefunden hat wie zum Beispiel in Leif oder in Marianne und Knut. Dies mitzuerleben war herzerwärmend
    Ida selber ist tendenziell eine Protagonistin, die aufgrund ihrer Wortwahl und ihren Handlungen möglicherweise ein wenig schwermütiger ist und dadurch bei einigen Lesenden nicht ganz so sympathisch ankommen könnte. Für mich ist sie dadurch noch sympathischer geworden, weil es glaubwürdig und authentisch war. Nun gilt es auch zu bedenken, dass Ida noch nicht so alt ist und für ihr Alter entsprechend handelt. Vor allem auch mit dem Hintergrund, was in ihrem Leben bisher passiert ist. Alles andere wäre auch fragwürdig.
    Das schöne ist, dass im Buch sämtliche Metaphern und Handlungen miteinander verbunden werden und man hierdurch Idas Gedanken und Handlungen besser nachvollziehen kann. Gleichzeitig hat es mir auch gut gefallen, dass immer mal wieder etwas Humor einfliesst und es Kleinigkeiten zum Schmunzeln gibt, was sich sicherlich auch auf Idas trockenen Humor zurückführen lässt.
    Ich kann dieses Buch empfehlen und möchte gleichzeitig auch noch eine Empfehlung für eine Podcastfolge des Podcasts „Hotel Matze“ aussprechen. Dort war die Autorin Caroline Wahl zu Besuch und hat ein bisschen über das Buch berichtet, über ihre Gedanken aber vor allem auch über ihr Leben, ihre Gegenwart und Vergangenheit und das, was sie sich in Zukunft vorstellt. Das war unfassbar sympathisch. Hierdurch merkt man nochmal mehr, was für eine unheimlich gute Autorin Caroline Wahl ist und dass in einem Alter, indem man das noch gar nicht erwarten würde.

    Ein grandioses Buch über individuelle Vergangenheiten, das Vertrauen und den Mut.

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  • 5 Sterne

    Eternal-Hope, 23.06.2024

    Als Buch bewertet

    "Windstärke 17" kann als die Fortsetzung von Caroline Wahls erfolgreichem Debütroman "22 Bahnen" gesehen werden. Die beiden Bücher hängen zusammen: während das erste aus der Perspektive der älteren Schwester Tilda erzählt wird, geht es nun um die jüngere Schwester Ida. Und wir haben einen Zeitsprung hinter uns: das erste Buch endet mit der 10- oder 11-jährigen Ida und mit Tildas Entschluss, von daheim auszuziehen und für das Promotionsstudium nach Berlin zu gehen.

    Was es für Ida bedeutet hat, ab diesem Zeitpunkt weitgehend allein mit der alkoholabhängigen Mutter aufzuwachsen, und welche Schäden das in ihrer Psyche hinterlassen hat, erfahren wir nun in "Windstärke 17". Das Buch beginnt mit der nun erwachsenen Ida, die die Mutter tot auffindet... nach einer langen psychischen, körperlichen und sozialen Abwärtsspirale hat sich diese nun endgültig mit Tabletten das Leben genommen. Auch von Tilda hat Ida sich entfremdet, die beiden haben nur sporadisch Kontakt und Ida stösst die ältere Schwester meistens wütend weg... zu tief sitzt der Schmerz, so viele Jahre mit der Mutter allein gelassen worden zu sein.

    Auch jetzt lehnt Ida alle Hilfsangebote der Schwester - die sich mit Mann, Kindern und einer guten Stelle fest im Leben etabliert hat - vehement ab, schaltet ihr Handy auf Flugmodus und flüchtet in einer spontanen Impulsreaktion irgendwohin, landet dabei auf der Insel Rügen. Hier hat sie das Glück, wirklich guten, liebevollen Menschen zu begegnen, die sie wie eine Tochter aufnehmen und liebevoll unterstützen. Zum ersten Mal in ihrem Leben erlebt Ida so etwas wie ein geordnetes Familienleben, doch mit ihrer traumatisierten Psyche fällt es ihr schwer, sich auf dieses einzulassen... und auch hier gibt es Schicksalsschläge und Herausforderungen.

    Für mich war "Windstärke 17" kein leicht zu lesendes Buch. Das macht es nicht schlecht. Im Gegenteil, ich finde die Persönlichkeit Idas, ihre Schwierigkeit, sich wirklich auf Menschen einzulassen, ihre Gefühlsschwankungen und ihr risikoreiches, fast schon suizidales Verhalten sehr authentisch geschildert... hier schreibt eine Autorin, die sich mit diesen Themen offensichtlich auskennt und tiefgehend damit auseinandergesetzt hat.

    Schwer gefallen ist mir, dass ich innerlich die ganze Zeit den Vorgängerband "22 Bahnen" und seine Hauptprotagonistin Tilda im Kopf hatte, und dieser hatte, trotz der schweren Thematik mit der alkoholkranken Mutter, viel mehr Humor, Leichtigkeit und Hoffnung zu bieten. Tilda war so eine resiliente Persönlichkeit, dass gute Hoffnung dafür Bestand, dass sie ihr Leben trotz der schwierigen Startbedingungen gut auf die Reihe kriegen würde, und sie innerlich zu begleiten, machte Hoffnung und Mut.

    Und so ist es ja auch gekommen, wie man im zweiten Band sieht, Tilda hat ihr Leben auf die Reihe gekriegt... Ida hingegen kämpft enorm und wird aufgrund ihrer Persönlichkeitsdynamik wohl auch in Zukunft in ihrem Leben noch sehr zu kämpfen haben. Das ist, wie gesagt, realistisch dargestellt, aber in seiner Schwere und Tragik noch viel weniger ein Sommer-Wohlfühl-Buch als "22 Bahnen". Ich empfehle es für Interessierte, die bereit sind, sich auf diese Dynamik einzulassen.

    5 Sterne, weil es insgesamt ein sehr gut geschriebenes Buch ist und die traurige und dunkle Thematik das Buch ja nicht per se schlechter macht.

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  • 5 Sterne

    Larischen, 20.04.2024

    Als Buch bewertet

    Ida fühlt nur noch einen dicken Klumpen aus Wut, Trauer und Schuld. Den Tod ihrer alkoholabhängigen Mutter konnte sie nicht verhindern und mit ihrer grossen Schwester Tilda kann sie gerade auch nicht sprechen. So vegetiert sie in der Wohnung, in der sie ihre Mutter gefunden hat, bis sie schliesslich die Flucht ergreift. Statt nach Hamburg zu ihrer Schwester, zieht sie es allerdings intuitiv nach Rügen. Dort verausgabt sie sich völlig beim Schwimmen in der Ostsee und trifft zufällig auf Knut und Marianne, die sie bei sich aufnehmen und sich um sie kümmern. Noch dazu tritt Leif in ihr Leben und langsam beginnt Ida gegen den Klumpen in ihrem Bauch zu kämpfen. Doch schon bald bekommt ihre Angst wieder Nahrung und sie muss sich entscheiden, wie sie damit umgeht.

    Caroline Wahl hat mit „Windstärke 17“ eine Art Fortsetzung zu „22 Bahnen“ vorgelegt. Während „22 Bahnen“ einige Jahre früher spielt und aus der Sicht der grossen Schwester Tilda geschrieben ist, bekommen wir jetzt einen Einblick in das Leben der jüngeren Schwester Ida, die nach Tildas Auszug nun allein mit der Mutter klar kommen muss. Aus dem kleinen Mädchen ist eine junge Frau geworden, die ihre eigenen Träume, Rituale und Bewältigungsstrategien entwickelt hat. Auch wenn es sich um eine Art Fortsetzung handelt, kann man beide Romane völlig eigenständig lesen.

    „22 Bahnen“ war im letzten Jahr mein absolutes Highlight, daher bin ich mit viel Vorfreude und grossen Erwartungen an dieses Buch herangetreten. Und was soll ich sagen, Caroline Wahl hat all diese Erwartungen erfüllt. Ich wollte mich selbst disziplinieren, um länger etwas von diesem hervorragenden Buch zu haben, allerdings hat das gar nicht funktioniert und ich habe es innerhalb eines Tages ausgelesen.

    Der Schreibstil ist wieder sehr modern und speziell. Es macht einfach unglaublich viel Spass zu lesen. Ich fand es interessant, was die Jahre allein mit der Mutter aus dem vernünftigen, nachdenklichen und witzigen kleinen Mädchen, das ich aus „22 Bahnen“ kannte, gemacht haben. Man merkt, dass diese junge Frau durch Wut und Schuld beinahe fremdgesteuert ist und ihr eigentlicher Charakter gar nicht mehr zum Vorschein kommt. Caroline Wahl bleibt in ihrer Schilderung auch sehr realistisch und lässt Ida keine unrealistische „Heilung“ angedeihen. Trotzdem findet sie in kleinen Schritten wieder zurück in ein geordneteres Leben.

    Ich konnte mich zwar mit der grösseren Schwester Tilda etwas besser identifizieren, fand aber die Perspektive des jüngeren Geschwisterparts sehr bereichernd und bewegend.

    Der Personenkreis im Buch ist relativ übersichtlich gehalten und zeigt, dass jeder sein Päckchen zu tragen hat.
    Man könnte denken, dass die Schwestern den Tod der Mutter, die ihnen das Leben nur schwer gemacht hat, als Erleichterung empfinden. Doch Idas Wutklumpen zeigt, wie stark die emotionale Bindung trotzdem war und wie viel Verantwortung sie schon früh für ihre Mutter übernommen hat.

    „Windstärke 17“ von Caroline Wahl wird ganz sicher wieder zu den Jahreshighlights zählen, wenn nicht sogar wieder DAS Highlight 2024 werden. Das Buch hat mich emotional tief berührt und nachhaltig beeindruckt. Für dieses Buch kann ich nur eine unbedingte Leseempfehlung aussprechen. Ich freue mich jetzt schon auf den Moment, wenn ich beide Bücher erneut lesen darf.

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  • 5 Sterne

    Gisela S., 18.06.2024

    Als Buch bewertet

    Meine Meinung:
    Manchmal muss man Umwege fahren, um seine Trauer auszuleben

    22 Bahnen konnte mich schon überzeugen. Windstärke 17 jedoch ging mir durch Mark und Bein. Der seelische Schmerz von Ida ist zwischen den Zeilen spürbar. Die Mutter ist gestorben und ihre Schwester Tilda lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Hamburg. Ida lebt in dem Glauben, sie hätte den Suizid ihrer Mutter verhindern können. Sie hatte es einfach nicht geschafft, auf die Beerdigung ihrer Mutter zu gehen. Eigentlich schreibt sie sehr gerne, aber seit dem Tod ihrer Mutter fehlen ihr die Worte


    Schon bei *22 Bahnen* hatte ich oftmals das Bedürfnis, Ida in den Arm zu nehmen und zu trösten. Nach dem Tod ihrer Mutter nun ganz besonders. Nachdem Ida die Wohnung ihrer Mutter gekündigt hat, packt sie ihren MacBook und die Lieblings Klamotten ihrer Mutter in deren verschrammten Hartschalenkoffer. Ida kann sich nicht erinnern, dass ihre Mutter jemals eine grössere Reise unternommen hatte. Der Zustand des Koffers spricht jedoch eine andere Sprache.

    Eigentlich will sie zu ihrer Schwester nach Hamburg fahren. Letztendlich landet sie auf der Insel Rügen. Ich finde, eine bessere Entscheidung hätte sie nicht treffen können.



    Dort angekommen findet sie Arbeit in der Kneipe *Robbe*. Der Kneipenbesitzer Knut spürt die Not der jungen ausgebrannten Frau. Nimmt sie mit zu seiner Frau Marianne. Die heisst sie mit offenen Armen willkommen. Dann lernt sie auch noch den charismatischen DJ Leif kennen.

    Der magische Schreibstil der Autorin konnte mich von Anfang an wieder abholen. Die Geschichte strahlt so viel Herzenswärme aus, obwohl viele dramatische Dinge passiert sind und auch noch passieren sollen.

    Zwei Schwestern die sich wirklich lieben, und den Zugang zueinander wieder neu entdecken müssen. Ein älteres Ehepaar, das eine blutjunge Frau aufnimmt, ohne Fragen zu stellen. Die Empathie der beiden wärmt einem das Herz. Ida fühlt eine Geborgenheit, die ihr ihre Mutter niemals geben konnte.

    Das Setting ist wunderbar gewählt. Ich liebe die Insel Rügen und war bereits fünf mal in Binz. Sämtliche Orte hatte ich bildlich vor Augen. Die Ostsee ist einfach ein Ort, an dem man die Seele baumeln lassen kann. Ida liebt die verregneten Tage auf der Insel und die stürmische See. Stürzt sich gerne in die eiskalten Fluten.

    Nachts zieht es sie in den Wald. Dort schreit sie ihre Kummer heraus. Den Waldwipfelweg bin ich gedanklich mitgelaufen. Ich habe sehr oft gefroren beim Lesen. Tilda war ständig bei strömenden Regen und Sturm unterwegs. Jeden Morgen hat sie mit Marianne und Knut Aufbackbrötchen gegessen und heissen Tee getrunken.

    Freud und Leid liegen sehr nah beieinander. Ida hat ihre Schreibblockade überwunden. Ob wir ihr Buch irgendwann mal zu lesen bekommen werden? Ich habe die Gesellschaft von, Ida, Marianne, Knut und Leif sehr genossen.

    Danke Caroline Wahl. Ich würde mich über eine Fortsetzung freuen.

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  • 5 Sterne

    Sina R., 07.07.2024

    Als Buch bewertet

    Ida musste in ihrem jungen Leben bereits viel durchmachen. Nachdem ihre grosse Schwester Tilda sie schweren Herzens mit der alkoholkranken Mutter allein in dem „traurigsten Haus der Fröhlichstrasse“ gelassen hat, um ausserhalb der Kleinstadt zu studieren, setzt „Windstärke 17“ einige Jahre nach Caroline Wahls Debütroman „22 Bahnen“ an.

    Überwältigt von tiefer Trauer, Schuldgefühlen und Wut und ohne einen richtigen Plan, wie es weitergehen soll, beschliesst Ida, all ihre Halbseligkeiten in einen Koffer zu stopfen und das Weite zu suchen. Sie will weg. Einfach nur weg aus der jetzt menschenleeren Wohnung, in der sie zuvor noch mit ihrer nun verstorbenen Mutter gelebt hat.
    Zwiegespalten begibt sich Ida auf den Weg zu Tilda und deren Familie, doch anstatt den Zug in Hamburg zu verlassen, verpasst sie erschöpft von schlaflosen Nächten ihren Halt und landet schlussendlich auf Rügen. Hier beginnt für sie eine Art Neustart.
    Völlig überfordert und vom „Wutklumpen“ geplagt, stürzt sich Ida immer wieder in nicht ganz ungefährliche Situationen, um ihren Gedanken und Gefühlen zumindest zeitweise zu entfliehen.
    Trotz der schwerverdaulichen Themen und düsteren Stimmung ist es zugleich eine Geschichte, die Hoffnung macht. Nach dem schweren Verlust findet Ida in Marianne und Knut zwei Menschen, die sie bedingungslos unterstützen und bei sich aufnehmen. Das Ehepaar bietet der psychisch labilen Ida den Rückhalt und die Sicherheit, die sie in ihrem bisherigen Leben aufgrund der Vernachlässigung durch die Mutter nur eingeschränkt durch die aufopferungsvolle Schwester erfahren hat.
    Und dann ist da auch noch Leif, der - geplagt von seinen eigenen Dämonen - wieder Licht in Idas Alltag bringt.
    Ein weiterer Schicksalsschlag lässt jedoch nicht lange auf sich warten und reisst Ida erneut den Boden unter den Füssen weg. Am Ende scheint sie dennoch gestärkt und trotz aller Widrigkeiten zuversichtlich in die Zukunft zu blicken.

    Caroline Wahl gelang es bereits in ihrem ersten Buch starke, authentische Charaktere zu erschaffen. Ida, die in „22 Bahnen“ noch ein Kind ist, durchlebt eine grosse Entwicklung und schürte damit bereits früh Neugier, wie es in „Windstärke 17“ mit ihr weitergeht.
    Mit dem Nachfolger gelang es Wahl eine tiefberührende und emotionale Geschichte zu erschaffen. Ihr ganz eigener Erzähl- und Schreibstil bringen eine gezielt inszenierte Komik und Leichtigkeit mit sich, welche die schweren Themen abmildern und zugänglicher machen.

    Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und habe es genau wie schon „22 Bahnen“ innerhalb kürzester Zeit durchgelesen. Für mich eine ganz klare Empfehlung!

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  • 5 Sterne

    Bücherfreundin, 15.05.2024

    Als Buch bewertet

    Bewegende und fesselnde Fortsetzung
    Der Dumont Verlag hat nach Caroline Wahls erfolgreichem Debütroman "22 Bahnen", der 2023 zum Lieblingsbuch der Unabhängigen gekürt wurde, nun die Fortsetzung  "Windstärke 17" veröffentlicht.

    Während im ersten Buch Tilda im Mittelpunkt steht, begleiten wir nun ihre jüngere Schwester Ida. Am Ende des Vorgängerbuches ist Ida 11 Jahre alt, nun ist sie erwachsen, und ihre alkoholkranke Mutter ist vor zwei Monaten verstorben. Die junge Frau trauert, ist wütend und quält sich mit Schuldgefühlen. Nachdem sie die Wohnung gekündigt hat, macht sie sich mit einem alten Koffer mit etwas Kleidung und ihrem MacBook im Rucksack auf den Weg nach Hamburg, wo Tilda mit ihrer Familie lebt. Unterwegs ändert sie ihren Plan und fährt weiter nach Rügen. Dort findet sie nicht nur eine Anstellung in einer Gaststätte, sondern nach einem Schwächeanfall auch ein Zuhause bei den Inselbewohnern Marianne und Knut. Sie hat nun einen geregelten Tagesablauf, fühlt sich geborgen und geniesst das Zusammenleben mit den beiden. Schon bald lernt sie Leif kennen, einen jungen Discjockey aus Hamburg ...

    Auch dieses Buch ist in der Sprache der Jugend in der Ich-Form geschrieben, diesmal aus Idas Perspektive. Die Dialoge sind wie in einem Drehbuch dargestellt. Mit viel Empathie beschreibt die Autorin die junge Protagonistin und lässt uns dabei tief in ihre Gefühls- und Gedankenwelt blicken. Neben der Handlung im Hier und Jetzt erleben wir in Rückblenden die schwierige Vergangenheit Idas und erhalten einen Einblick in ihre Beziehung zur Mutter und ihrer Schwester Tilda.  

    Der intensive Kampf, den Ida gegen ihre inneren Dämonen führt, findet sein Ventil in ihrem engem Bezug zum Wasser. Sie wirft sich in die Fluten, führt mit der Ostsee einen Kampf bis zur völligen Erschöpfung. Idas psychische Verfassung und ihre Probleme, ihre Trauer und ihre Wut sind sehr authentisch dargestellt. Ihre Seelenqualen, Schuldgefühle und Alpträume zu erleben, hat mich sehr berührt und betroffen gemacht. Ich habe oft mit ihr mitgelitten, obwohl ich ihre Handlungsweisen nicht immer habe nachvollziehen können. Neben Ida mochte ich ganz besonders Marianne und Knut, während mir Leif hingegen relativ fremd geblieben ist. 

    Mir hat der fesselnde Roman mit dem hoffnungsvollen Ende, in dem es neben Idas Problemen auch um Alkoholismus, Demenz und eine Krebserkrankung geht, sehr gut gefallen. Ich fand ihn sogar tiefgründiger und bewegender als "22 Bahnen".

    Absolute Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    Claudia S., 15.05.2024

    Als Buch bewertet

    Ida hat mein Herz gestohlen

    Hals über Kopf macht sich Ida mit dem alten Hartschalenkoffer ihrer Mutter auf den Weg. Wohin genau, weiss sie selbst nicht. Sie will nur weg, weg von dem Schmerz, vor dem Alleinsein, vor der Trauer. Eigentlich wollte sie zu ihrer Schwester Tilda, doch dann landet sie doch auf Rügen und da als Bedienung in der Kneipe Robbe. Der Kneipenbesitzer Knut und seine Frau Marianne nehmen Ida sogar bei sich zu Hause auf. Hier trifft sie auf Leif, der wie sie seine Wunden leckt. Als es gerade aussieht, als würde Ida endlich festen Boden unter die Füsse bekommen, trifft sie der nächste Tiefschlag.

    Dieses Buch knüpft an den Vorgänger nicht direkt, sondern einige Jahre später an. Während Tilda ihrem Herzen gefolgt ist und inzwischen auch Mutter von Zwillingen ist, ist Ida bei ihrer alkoholranken Mutter geblieben. Nach deren Tod ist sie verlorener denn je. So ist die Geschichte, die sie erzählt, zugleich sehr traurig, aber doch unendlich mutmachend. Es ist wunderbar, wie schnell ich mich an die jetzt ältere Ida gewöhnt hatte und wie gut das Kind, das ich im Vorgängerbuch 22 Bahnen kennenlernte, noch in ihr zu erkennen ist. Auch Tilda ist älter geworden, ganz klar. Ihr Part ist diesmal kleiner, aber nicht weniger gewichtig. Obwohl alle Charaktere sich in Zwischenzeit weiterentwickelt haben und älter geworden sind, erkennt man sie doch gleich wieder und freut sich, alte Bekannte zu treffen.

    Der Stil und die Sprache, die Caroline Wahl ihrer Protagonistin gibt, sind wunderbar. Beide zeigen klar und unmissverständlich, wie sich Tilda fühlt, was sie emotional durchmacht und wie sie in allem doch immer noch einen Funken Humor aufleuchten lassen kann. Man fühlt mit ihr, findet sich auch immer mal wieder selbst ein stückweit in ihr und möchte ihr so gerne beistehen. Auch Knut und Marianne muss man einfach ins Herz schliessen. Selbst bei den nur kurz erwähnten Randfiguren entwickelt man Emotionen. Das ist wunderbar und schaffen die wenigsten Autoren! Nein, dies ist kein Wohlfühlbuch. Das will es auch gar nicht sein. Aber es macht tatsächlich sehr glücklich.


    Maximiliane Häcke hat das Buch genau so eingelesen, wie ich mir das gewünscht hätte, wäre ich gefragt worden. Obwohl ich es schon gelesen hatte, habe ich beim Hörbuch wieder jedes einzelne Wort geliebt und genossen! Die Wirkung nutzt sich nicht ab. Ein Buch, das man mehrfach lesen und hören kann, ohne dass es an Faszination verliert. Ich bin definitiv rundum begeistert. Fünf Sterne!

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  • 5 Sterne

    Morten, 02.06.2024

    Als Buch bewertet

    Ach Ida. Meine kleine Heldin aus „22 Bahnen“. Frank Spilker hätte in den 90ern vermutlich „Was hat dich bloss so ruiniert?“ gesungen, aber eigentlich ist das ja eine rhetorische Frage. Die Mutter Alkoholikerin, die Schwester schweren Herzens ausgezogen und dann, ja, der Rest des Teenagerlebens. So ist aus der toughen, witzigen, klugen 10-Jährigen eine verzweifelte Mittzwanzigerin geworden, die nach dem Tod ihrer Mutter nicht weiss, wohin mit sich.

    Vielleicht erst einmal das Wichtigste: „Windstärke 17“ funktioniert vermutlich auch, wenn man „22 Bahnen“ nicht gelesen hat. Ja, es ist eine Fortsetzung, aber sie spielt gut anderthalb Jahrzehnte später, setzt nicht wirklich etwas voraus. Vielleicht ist Caro Wahls zweiter Roman sogar weniger traurig, wenn man den Vorgänger nicht gelesen hat.

    Zu sehen, wie Ida sich verändert hat, ihre Beziehung zu ihrer Schwester Tilda verkompliziert ist, schlägt zeitweise schon aufs Gemüt. Vor allem, wenn man Ida nicht in den Arm nehmen oder ihr weisse Eszet-Schnitten aufs Brot legen kann. Aber: Dafür gibt es ja Marianne. Die heimliche Heroine von „Windstärke 17“, die Ida nach ihrer Flucht nach Rügen aufnimmt, aufpeppelt und dabei selbst so manche Traurigkeit in sich trägt.

    Auch in ihrem zweiten Roman zeigt Caroline Wahl, wie fantastisch und wundervoll ihr Stil ist. Wie sie die Figuren zeichnet, ihre Gedanken offenlegt und alles ganz unverkitscht in Worte fasst. Wie sie die Natur einbindet, die stürmische See, die hohen Bäume des Kletterwalds, wieder einmal die Wasser- und Waldthemen, die schon in „22 Bahnen“ auftauchten. Wie sie aber auch zeigt, dass manches in der ersten Geschichte von Tilda und Ida nur Fassade war, vor allem Idas Stärke, mit dem Alkoholismus ihrer Mutter umzugehen und ihrer Schwester Mut zu machen, ihren eigenen Weg zu gehen. Und wie Ida nun versucht, ihren eigenen Weg überhaupt erst einmal zu finden.

    Mein Fazit zu „22 Bahnen“ war, dass es ein Verarbeitungsroman ist. Bei „Windstärke 17“ passt das bedingt. Ja, Ida hat viel zu verarbeiten, ist am Ende aber noch nicht so weit wie Tilda. Vielleicht ist das aber auch gut so. Es bleibt viel Spielraum, was noch alles passiert – mit Ida und Marianna und Knut und Leif und natürlich auch Tilda und ihrer Familie. Und so passt ein anderes Fazit vielleicht dann auch: Wie schon Caro Wahls Debüt hat auch „Windstärke 17“ das Potenzial zum Buch des Jahres. Und das muss man als Autorin mit den ersten beiden Romanen erst einmal schaffen.

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  • 5 Sterne

    Zabou1964, 29.05.2024

    Als Buch bewertet

    Nachdem mir bereits der Debütroman der Autorin – 22 Bahnen – sehr gut gefallen hatte, wollte ich natürlich auch den Nachfolger lesen. In diesem Roman geht es um Ida, die jüngere Schwester von Tilda, der Hauptfigur des ersten Buches. Wieder konnte mich die Autorin mit ihrem aussergewöhnlichen Erzählstil sofort in ihren Bann ziehen.

    Ida ist mittlerweile eine erwachsene junge Frau. Nachdem ihre Schwester Tilda zum Studieren nach Berlin gegangen war, blieb sie als 11-Jährige mit der alkoholkranken und depressiven Mutter allein.
    Sie beginnt zu schreiben, um ihre Gefühle zu verarbeiten. Als sie – mittlerweile erwachsen – eines Tages nach Hause kommt, hat die Mutter sich das Leben genommen. Ida versinkt in Wut und Schuldgefühlen, schafft es nicht mal, zur Beerdigung der Mutter zu gehen. Schliesslich verlässt sie die Wohnung und bricht alle Brücken zu ihrem alten Leben hinter sich ab. Zu Tilda, die mittlerweile in Hamburg lebt und eine Familie hat, will sie auch nicht. So landet sie auf Rügen, trifft dort Knut, in dessen Kneipe sie jobbt, und dessen Frau Marianne. Ausserdem lernt sie Leif kennen, einen jungen Mann, der auch sein Päckchen zu tragen hat.

    Idas Geschichte hat mich noch mehr bewegt als die von Tilda. Der Selbstmord der Mutter hat sie wütend und traurig zugleich gemacht. Streckenweise sucht sie sogar die Schuld bei sich. Ihre Wut schwimmt sie sich in der Ostsee weg. Sie schwimmt jeden Morgen bei Sonnenaufgang, egal wie das Wetter ist, bis zur völligen Erschöpfung. In Knut und Marianne, die sie spontan bei sich aufnehmen, findet sie eine Art Ersatzeltern. Marianne kümmert sich liebevoll um sie. Und dann ist da noch Leif, in den sich Ida Hals über Kopf verliebt. Die beiden kommen sich näher, aber Ida hat Angst vor der Nähe und bleibt vorsichtig. Wahrscheinlich ist die Angst vor einem weiteren Verlust zu gross.

    Caroline Wahl hat eine ganz eigene Sprache. Ihre Sätze sind kurz und schnörkellos. Die Dialoge sind wie in einem Drehbuch geschrieben. Das hat mir Ida noch nähergebracht. Ich konnte ihre Wut, ihre Trauer, ihre Verletzlichkeit sehr gut fühlen.

    Jetzt bin ich sehr gespannt, was Caroline Wahl als nächstes schreiben wird. In einem Interview hat sie erzählt, dass sie gerne mal einen Fantasyroman verfassen möchte. Das ist überhaupt nicht mein Genre – aber von Caroline Wahl würde ich es trotzdem lesen. Von mir gibt es eine ganz klare Leseempfehlung.

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  • 5 Sterne

    meggie3, 03.06.2024

    Als Buch bewertet

    Ein wirklich schöner Roman

    Ida flieht nach dem Tod ihrer Mutter aus der gemeinsamen Wohnung, weil sie es nicht mehr aushält und alles hinter sich lassen möchte. Spontan entscheidet sie sich, nicht zu ihrer Schwester Tilda und ihrer Familie nach Hamburg zu fahren, sondern einfach weiter ans Meer. Sie landet auf Rügen und lernt durch Zufall Knut und Marianne kennen, die sie bei sich aufnehmen und als Familienmitglied akzeptieren. Dort erlebt Ida ein Familienleben, wie sie es aus ihrer Kindheit nicht kannte. Sie darf in Knuts Kneipe „Die Robbe“ helfen und verbringt die verbleibende Zeit mit Marianne und Schwimmen. Sie versucht, zur Ruhe zu kommen und mit den Bildern, die sie verfolgen, klarzukommen. Und sie lernt zu vertrauen und Bindung zuzulassen, lernt Leif kennen und lässt sich langsam auf ihn ein. Doch als alles besser zu werden scheint, wird Ida mit Mariannes schwerer Krankheit konfrontiert und muss für sich herausfinden, wie sie damit umgehen kann.

    Der Roman hat mich sehr berührt, an einigen Stellen musste ich ihn zur Seite legen, weil ich sehr mit Ida mitgelitten habe. Dennoch habe ich ihn gerne gelesen, mir dabei aber die Zeit genommen, die ich brauchte.

    Caroline Wahl kann das Fühlen und Handeln von Charakteren sehr authentisch beschreiben, sodass ich es als Leserin nachvollziehen kann, auch wenn es nicht unbedingt rational ist. Der Roman befasst sich mit Schuldgefühlen, Wut, Trauer, Ohnmacht und Unsicherheit, bietet aber auch Auszeiten davon und schöne, ausgelassene Momente, die das Lesen leichter machen und Hoffnung und Mut transportieren. Ein wirklich schöner Roman.

    Wer den ersten Roman von Caroline Wahl, der sich in erster Linie um Idas Schwester Tilda dreht, noch nicht gelesen hat, dies aber noch tun möchte, sollte „22 Bahnen“ zuerst lesen. Trotzdem kann „Windstärke 17“ unabhängig von „22 Bahnen“ gelesen werden, er baut einfach auf den Geschehnissen aus dem ersten Roman auf und nimmt entsprechend einige zentrale Punkte vorweg.

    Mir hat „Windstärke 17“ ausserordentlich gut gefallen. Es gelingt wenigen Autor*innen und Romanen, mich auf diese Weise nachhaltig zu berühren.

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  • 5 Sterne

    Michaela E., 24.05.2024

    Als Buch bewertet

    17 Beaufort ist die maximale Windstärke und so fühlt sich der Orkan an, der immer wieder in Idas Brust tobt und sie laufen und brüllen lässt. Irgendwie muss vieles raus, aber irgendwie scheint nichts zu wirken.

    Ida ist mittlerweile erwachsen, hat das Abitur hinter sich gebracht und ein Studium begonnen. Sie ist ebenfalls eine gute Schwimmerin und sie schreibt. Doch nichts kann die Bilder auslöschen, die immer wieder ihr Gedächtnis stürmen. Als sie ihre tote Mutter fand, oder als sie ihr im Zorn riet, es endlich hinter sich zu bringen. Sie kämpft mit Schuldgefühlen, weil sie der Mutter nicht ausreichend geholfen hat. Sie ist destruktiv, kümmert sich nicht gut um sich selbst und weiss nicht wohin. Sie möchte nicht zu ihrer Schwester Tilda, die mit Viktor und zwei Kindern in Hamburg lebt. Also fährt sie mit ihrem Flex-Ticket so weit weg wie möglich und landet auf Rügen, wo der Sturm auch aussen manchmal ziemlich tobt.

    Und endlich hat Ida mal Glück. Sie findet einen Job in einer Bar und die Besitzer, ein älteres Ehepaar nehmen sie auf und päppeln sie auf. Ausserdem lernt sie einen Jungen kennen, den ebenfalls eine dunkle Aura umgibt.

    Als das Buch erschienen ist, war ich sehr überrascht, dass sich Caroline Wahl zu einer Fortsetzung entschlossen hat. Als ich dann merkte, dass wir nun Ida besser kennenlernen und erfahren, wie es ihr dann alleine mit der Mutter ergangen ist, habe ich mich sehr darüber gefreut. Ida hat noch mehr von dieser ganzen Tragödie abbekommen als Tilda, denn man kann sich vorstellen, dass es mit der Mutter weiter bergab ging und dementsprechend grösser ist hier auch das Leid. Doch das Mädchen versinkt nicht darin. Sie kämpft mit allem was sie hat und versucht, den Mut nicht zu verlieren. Es ist schön zu lesen, dass ihr auch mal was Gutes passiert, auch wenn sie das selbst kaum glauben kann. Ihr Weg aus dem Auge des Sturm ist nicht einfach und verläuft auch nicht linear und das macht die Geschichte auch glaubwürdig.

    Ich habe diesen Folgeband als noch stärker empfunden als 22 Bahnen, vergebe begeisterte 5 Sterne und freue mich sehr auf das nächste Buch von Caroline Wahl!

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  • 5 Sterne

    Island, 22.04.2024

    Als Buch bewertet

    Nachdem ich bereits "22 Bahnen" von Caroline Wahl gelesen habe, war ich natürlich auch auf ihren neuen Roman sehr neugierig und das Cover mit dem Meeresmotiv hat mich direkt noch zusätzlich angesprochen.

    Im Mittelpunkt der Handlung steht nun Ida, die kleine Schwester von Tilda aus dem Vorgängerroman. Ida ist mittlerweile eine junge Frau. Nach dem Wegzug Tildas ist sie bei ihrer alkoholabhängigen Mutter geblieben, die sich vor zwei Monaten durch eine Überdosis Tabletten das Leben genommen hat. Ida hat sie gefunden und macht sich Vorwürfe, sie nicht gerettet zu haben. Ihr Traum vom Schreiben liegt nun erstmal auf Eis. Mit Tilda will sie keinen Kontakt und so landet Ida mehr oder weniger zufällig auf Rügen bei Knut und Marianne. Sie kellnert in Knuts Kneipe "Robbe" und mit Marianne, einer ehemaligen Grundschullehrerin verbringt sie den Rest des Tages. Manchmal versucht sie die quälenden Gedanken zu verdrängen, indem sie weit auf die Ostsee hinausschwimmt oder nachts durch den Wald rennt. Dabei begegnet ihr immer wieder Leif, der sich um seinen dementen Opa kümmert, was ihn ebenfalls sehr belastet.

    Mich hat auch dieser neue Roman der Autorin schwer begeistert. Man kann ihn definitiv auch ohne Kenntnis des Vorgängers lesen, auch wenn dieser natürlich ebenfalls sehr lesenswert ist. Es ist keine leichte Kost, die Caroline Wahl serviert, da es unter anderem um Sucht, Trauerbewältigung und Krankheit geht. Sie hat aber einen tollen Schreibstil und schafft es, für alles passende Worte, gespickt mit tollen sprachlichen Bildern zu finden. Sie schreibt recht modern, aber nie nervig umgangssprachlich und es gelingt ihr, dass man sich sehr gut in Ida und all das, was in ihr vorgeht, hineinversetzen kann. Handlung gleitet dabei aber nie zu sehr ins Kitschige ab. Neben Ida als Protagonistin gibt es noch eine Reihe sehr liebenswerter Nebenfiguren, die ebenfalls überzeugend ausgestaltet wurden und auch die Insel Rügen als Schauplatz der Handlung kommt nicht zu kurz und bietet die passende Umgebung für das Chaos, was in Ida herrscht. Auf jeden Fall eines der Highlights des bisherigen Lesejahres.

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  • 5 Sterne

    marcialoup, 19.05.2024

    Als Buch bewertet

    Einzigartig Caroline mit genialem 2. Buch

    Nachdem wir in 22 BAHNEN mit Tilda durchs Leben geschwommen sind, trotzen wir nun in WINDSTÄRKE 17 mit Ida, Tilda’s Schwester, dem Sturm des Lebens.
    Bei Tilda war es das Schwimmbad, bei Ida ist es das Meer.

    Nachdem ihre Mutter gestorben ist, Tilda schon lange nicht mehr Zuhause bei ihrer Mutter und Ida gewohnt hat, und Ida den alkoholischen Verfall ihrer Mutter bis zum Ende erlebt hat, haut Ida ab. In ihr ein Wutklumpen, ein Knäuel aus Verlassenheit, Schuldgefühlen, Traurigkeit, Schmerz und Kämpfergeist, denn wenn man das W in Wut umdreht, wird es zu Mut. Dass Ida mutig ist, weiss sie noch nicht, aber der Werdegang der Geschichte wird sie wachsen lassen. Sie findet in den Begegnungen ihres Weges Trost, Neues und endlich eine Art Zuhause, das sie in ihrer Kindheit nie hatte. Aus dem wüsten Knäuel entwirren sich feine Fäden, die aber immer wieder Knoten enthalten, denn auch andere Leben haben erschütternde Momente. Doch Ida bleibt … am Meer, das ihr Durchhaltevermögen und Kraft gibt und ihr Wutgefühl nach und nach mit den Wellen entreisst.

    Genial ist Caroline Wahl’s Schreibe, auch wenn manch einer sie eventuell gewöhnungsbedürftig findet. Fans von Mariana Leky werden auch Caroline Wahl mögen!
    Der schlotzig-lockere Sprachstil hat einen ganz eigenen lebendigen Klang, die wörtliche Rede der Protagonisten ist betont anders.
    Einzigartig Caroline, gehen die Wörter tief, wühlen auf und hinterlassen ganz viel – sowie eine besonders gute Lesezeit!

    Das Cover ist ebenfalls originell, man beachte die sehr langen Schatten von zwei sehr kleinen Menschen vor einem aufgewühlten, sehr grossen Meer.

    Man muss 22 Bahnen nicht unbedingt gelesen haben, um Windstärke 17 zu verstehen, aber es gibt Verbindungen, eine Fortsetzung, die trotzdem unabhängig ist.
    Windstärke 17 steht 22 Bahnen in nichts nach, und ich wünsche Caroline Wahl weiterhin so ergreifend starke Romane, die ich alle lesen möchte!

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  • 5 Sterne

    karo_liest, 15.05.2024

    Als Buch bewertet

    Bevor ich die Leseprobe geöffnet hatte, wusste ich noch nicht, dass dieses Buch eine Fortsetzung von „22 Bahnen“ ist. Nach den ersten Sätzen allerdings war es klar, und allein das hat mich schon sehr begeistert.

    Die Geschichte geht also weiter. Nach Tilda steht nun deren jüngere, inzwischen erwachsene Schwester Ida im Mittelpunkt.
    Nach dem Tod ihrer alkoholkranken Mutter macht sie sich mit lediglich einem alten Hartschalenkoffer, ihrem MacBook und Kleidung auf den Weg, raus aus der Mietwohnung, die aufgelöst werden soll - aber wohin? Das weiss Ida selbst noch nicht so genau. Von Tilda hat sie ein Bahnticket nach Hamburg bekommen. Dort wohnen nämlich die Schwester und ihr Mann Victor mit ihren beiden Kindern. Aber will Ida wirklich dorthin oder soll sie einfach weiterfahren?
    Sie landet schliesslich auf Rügen und lernt dort Kurt kennen, in dessen Kneipe sie einen Job bekommt. Zudem wird sie von ihm und seiner Frau Marianne in deren Haus herzlich aufgenommen und ganz liebevoll umsorgt. Und dann ist da auch noch Leif, ein leidenschaftlicher Surfer und erfolgreicher DJ, der Ida ebenfalls wieder Halt im Leben geben kann.

    „Windstärke 17“ hat mich ab der ersten Seite gepackt. Der Schreibstil ist wieder sehr ruhig und angenehm, und trotzdem steckt so viel Kraft in den Sätzen. Die Wucht der Ostsee spiegelt sich in der Geschichte wieder. Ein Buch, das Wut und Trauer empfinden lässt und gleichzeitig aber auch so positiv stimmt und Lust aufs Leben macht.

    Was für eine grossartige Lektüre! „22 Bahnen“ war für mich im vergangenen Jahr ja schon ein Highlight, aber nun hat Caroline Wahl das noch getoppt, wie ich finde. Gerne mehr davon!

    Und ich möchte noch anmerken, dass man zwar beide Romane unabhängig voneinander lesen kann, ich aber unbedingt empfehle, „22 Bahnen“ zuerst zu lesen, bevor man sich „Windstärke 17“ widmet.

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