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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Frau M. aus M., 28.02.2023

    Als Buch bewertet

    Gewalt und das Schweigen darüber
    Die Geschichte dreht sich um eine junge Frau, die als Ich-Erzählerin agiert. Man kann ihre psychische Erschöpfung deutlich spüren. Sie ist schon seit einer Weile sehr verzweifelt, kennt bereits die Adresse eines Psychiaters, den sie heute aufsucht. Die Frau verbringt den Tag im Warteraum der Psychiatrie. Im Verlaufe des Romans erfahren wir von ihrer entwurzelten Kindheit zwischen merkwürdigen Charakteren. Alles dominierend agierte ihr Stiefvater Siegfried, an dessen Interessen das Familienleben ausgerichtet war. Siegfried ist immernoch permanent präsent in den Gedanke der jungen Frau. Er gab Rahmen und Sicherheit. Doch jetzt blockieren die von ihm erzeugten Strukturen die Protagonistin in ihrem Vorankommen. Im Roman werden die Ereignisse ihrer Kindheit nicht beim Namen genannt. Es gibt nur jede Menge Hinweise und Indizien auf die schlimmen Vorkommnisse, denen sie ausgesetzt war und deren Ursachen bis in die Zeit der NS-Ideologie zurückreichen. "Siegfried ist ein Roman ... über eine Generation, deren Eltern nach dem Krieg geboren wurden und deshalb glaubten, er sei vorbei."
    Jetzt aber ist für die Protagonistin der Moment gekommen, alles das hinter sich zu lassen und endlich ihr eigenes Leben mit eigenen Prämissen zu leben.
    Am Abend verlässt die Protagonistin die Psychiatrie wieder, ohne mit einem Arzt gesprochen zu haben. Lediglich eine Schwester kümmert sich um sie und bringt ihr einen Krug Wasser. Diese symbolische Szenerie finde ich ganz besonders gelungen. Die Arbeit muss der Patient eben immer selbst tun. Er braucht nur einen Ort dafür und jemanden, der ihm beisteht.
    "Siegfried" ist ein hervorragender Roman mit ausgezeichnet gestalteten Figuren und wunderbar subtilen Anspielungen. Das Buch ist ein wahrer Lesegenuss.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Karen S., 20.02.2023

    Als Buch bewertet

    Die Ich-Erzählerin begibt sich in die Psychiatrie, wo sie sich Lebenshilfe erhofft. in Rückblicken erzählt sie von ihrer Kindheit, dem Einfluss ihrer Stief-Grossmutter, des Stiefvaters, fehlender Bindung zur Mutter sowie ihrer Beziehung zu ihrem Mann.

    Ich fand das Buch oft unangenehm zu lesen und habe auch einige Seite gebraucht, um reinzukommen. Dann aber überzeugt mich die hochemotionale Geschichte. Man sieht die Welt durch die Augen des Kindes, wie sie in einem gewaltbelasteten Elternhaus gross wird, in der die Bezugspersonen hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt sind. Aus Selbstschutz entwickelt sie früh in feine Antennen und ist ständig auf der Hut. Auf der einen Seite schildert sie ihr intensives Kopfkino und auf der anderen Seite versucht sie ihre eigenen Gedanken vor allen zu verschleiern und zu funktionieren.
    Vieles wird in dem Roman nur angeschnitten und ich hätte gerne mehr gewusst. Der Roman berührt und macht mich traurig. So viele Kinder, die in prekären Verhältnissen aufwachsen und keine Hilfe bekommen - es ist schliesslich die Realität, nicht nur ein Roman.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Bücherfreundin, 20.02.2023

    Als Buch bewertet

    Mitreissender und fesselnder Roman
    Der Claassen-Verlag hat "Siegfried" veröffentlicht, den neuen Roman von Antonia Baum.
    Im Mittelpunkt der Geschichte steht die namenlose Ich-Erzählerin, die eines Morgens nach einem Streit mit ihrem Mann ganz spontan beschliesst, in die psychiatrische Ambulanz zu fahren, um sich dort helfen zu lassen. Barfuss kommt sie dort an, und während der langen Stunden des Wartens lässt sie ihre Vergangenheit Revue passieren.

    Die Ich-Erzählerin ist Autorin, Mitte Dreissig und seit 8 Jahren mit ihrem Ehemann Alex zusammen. Dieser ist 5 Jahre jünger als sie und arbeitet als Barmixer und Umzugshelfer. Die beiden haben eine kleine Tochter, Johnny. Die Beziehung steckt in einer Krise, die Ich-Erzählerin ist vollkommen überfordert. Sie fühlt sich vom Verlag unter Druck gesetzt, finanzielle Probleme belasten sie und gefährden den Lebensstandard. Hinzu kommt ihre ständige Angst, Alex zu verlieren. Ihr Stiefvater Siegfried spielte immer eine wichtige Rolle im Leben der Ich-Erzählerin. Er ist erfolgreich in seinem Beruf und hat es zu einem gewissen Wohlstand gebracht, nach dem auch sie sich sehnt. 

    Während der Wartezeit in der Psychiatrie blickt sie auf ihre Kindheit zurück, erinnert sich an das Zusammenleben mit der angepassten Mutter und dem unberechenbaren Siegfried. Bei Hilde, Siegfrieds Mutter, verbringt sie ihre Schulferien, damit die Eltern verreisen können. Hilde ist sehr speziell, sie spornt das Mädchen zu Höchstleistungen im Schwimmsport an und bestimmt den streng geregelten Tagesablauf.

    Der Roman ist ganz wunderbar und intelligent erzählt und hat mich von Beginn an gefesselt. Die Autorin beschreibt die Figuren sehr intensiv und authentisch: die überforderte und unsichere Ich-Erzählerin, die unglückliche und angepasste Mutter, den ehrgeizigen und aufbrausenden Stiefvater und als Gegenpol Siegfrieds den schweigsamen und erfolglosen Alex.
    Mich hat die teilweise bedrückende Geschichte sehr berührt, besonders das früh durch die Mutter geprägte angepasste Kind hatte mein Mitgefühl. Das stets bemühte Verhalten, es anderen recht zu machen, zeigt sich bereits im Kindesalter und wird nicht nur sehr deutlich im Umgang mit Siegfried, sondern auch während der Ferienaufenthalte bei der dominanten Grossmutter. 

    Dieses grossartige Buch zeigt einmal mehr, wie sehr wir durch unsere Eltern beeinflusst und geprägt werden.
    Klare Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    Heike L., 21.02.2023

    Als Buch bewertet

    Das Buch baut verschiedene Erwartungshaltungen auf, die enttäuscht werden. Der Weg in die Psychiatrie reisst verschiedene Wunden auf, die in Rückblenden wirklich aus der Sicht der jeweiligen Altersstufe erzählt werden.
    Der Stress mit dem Partner Alex, die Schwierigkeiten, die Tochter zu versorgen, werden immer mit der Sehnsucht nach Siegfried verbunden.
    Gut charakterisiert wird der schweigsame Künstler Alex, mit dem sie trotz seiner schwierigen Situation und seiner schwierigen Elternbeziehung glücklich ist.
    Siegfried wird als schwieriger, doch fürsorglicher Vater geschildert, der die Tochter besonders verwöhnt, besonders nachdem die Mutter die Familie verlassen hat.
    Das passiert nach dem Amerikaaufenthalt der Eltern.
    Die Ich-Erzählerin hat deswegen die Sommerferien bei der schrulligen Grossmutter väterlicherseits verbracht. Sie ist sparsam mit dem Essen, kocht einfach, verkocht die Reste und hält auf einen strengen Tagesablauf. Dabei ist es verboten in Spiegel zu schauen und Grimassen zu schneiden.
    All das wird detailreich, genau und realistisch geschildert. In Kleinigkeiten werden die Abgründe, die die Erzählerim in der jeweiligen Phase nicht wissen konnte, enthüllt. Auch das Bild der vermeintlich psychisch kranken Mutter dekonstruiert, langsam abgebaut. Die Mutter, welche immer putzt und alles in Ordnung hält.
    Als sie fröhlicher und selbstbewusster zurückkommt, wird es nachts lauter und sie kann einmal den Arm nicht mehr bewegen. Morgens sind leere Weinflaschen zu sehen.
    So allmählich wird die wahre Kindheitsgeschichte enthüllt. All das, während die Mutter auf der Ambulanz der Psychiatrie wartet. Schliesslich ist die bereit in den Alltag zurückzukehren. Siegfried bleibt trotz allem ihr Fixpunkt, den die realistisch zu sehen beginnt.
    Die Brüchigkeit der zwischenmenschlichen Beziehungen werden indirekt aus Personenperspektive gezeichnet.
    Das Cover verweist mit dem unscharf fotografierten Gesicht sowie dessen Schatten auf die Schattenexistenz des inneren Kindes sowie der prägenden Erinnerungen.
    Ein absolut entlarvender Seelentrip, der fesselnd ist.

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  • 5 Sterne

    yellowdog, 24.02.2023

    Als Buch bewertet

    Zustandsbeschreibung

    Antonia Baum vermochte schon durch ihre Bücher Stillleben und Eminem zu beeindrucken, vor allen durch Präzession, Genauigkeit und der Fähigkeit Innenleben und Gemütszustände ihrer Protagonistinnen zu zeigen.
    Das alles trifft auch auf ihren Roman Siegfried zu, der auch eine Art Familienroman ist. Jedoch ist es eine problematische Familiensituation.

    Die Erzählerin ist Schriftstellerin, junge Mutter und schon lange mit Alex zusammen. Jetzt haben sie aber eine Beziehungskrise.
    Siegfried war ihr Stiefvater, dem sie sich immer sehr nahe fühlte. Intensiv und ausführlich wird aber auch ihre schwierige Beziehung zu Hilde, Siegfried Mutter, gezeigt. Hilde war ziemlich exzentrisch.

    Der Weg führte die Erzählerin in die Psychiatrie, denn sie fühlt sich überlastet, wobei auch das Vorgefallene in ihrer Kindheit eine grosse Rolle spielt. Der psychologische Unterbau der Handlung ist zwingend.

    Antonia Baum hat ihren Roman geschickt gestaltet. Nicht alles ist auf den ersten Blick gleich verständlich, aber als Leser fühlt man mit. Durchaus eine grosse Qualität von Literatur!

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  • 4 Sterne

    Anita, 09.03.2023

    Als Buch bewertet

    auf der Suche nach Grenzen

    Worum geht es?
    Eine Frau (Autorin, Mutter, Partnerin) beschliesst sich selbst in die Psychiatrie einzuweisen, nachdem alles schief geht. Denn dort wird man ihr sicher sagen können, wie es jetzt weitergehen muss.

    Worum geht es wirklich?
    Emotionale Härte, Trauma und Suche nach Halt.

    Lesenswert?
    Ja, fand ich durchaus bewegend und hat mich während und nach der Lektüre immer wieder beschäftigt.
    Die Autorin lässt ihre Protagonistin morgens den Weg zur Psychiatrie antreten. Dort erhofft sich diese erfahrene Menschen, die schon wissen werden was los ist. Die ihr Anweisungen geben. Die ihr Struktur geben können. Denn all das fehlt ihr gerade, nachdem ihr Stiefvater Siegfried dies nicht mehr machen kann.
    Schon von klein auf, so erfährt man in den Rückblenden, werden Dinge für die Protagonistin entschieden, werden Abläufe aufgestellt und Grenzen gesetzt. Hieran orientiert sie sich, hier rebelliert sie. Aber die Grenzen sind sehr starr und sie erlernt zunehmend die Hilflosigkeit und dass sie nicht selbst ausbrechen kann - auch wenn sie das möchte.
    Und so prägen mehrere Personen die Protagonistin, dabei fand ich Siegfrieds Anteil nicht mal so erschreckend, sondern eher den seiner Mutter Hilde. Ich würde hier durchaus von emotionalem Missbrauch, von emotionalen Verletzungen und Trauma sprechen, die dem jungen Mädchen widerfahren.
    Warum bei Klappentext und Titel Siegfried so im Fokus steht, erscheint mir nicht ganz einleuchtend.
    Dennoch ist das Buch definitiv lesenswert, wenn auch an vielen Stellen deprimierend oder aussichtslos (wirkend). Das würde man sich eventuell beim Lesen anders wünschen, aber es ist in sich stimmig und passt gut zueinander.
    Aber es geht viel um erdulden, ertragen, aushalten, sich fügen und dann das machen, was erwartet wird.
    Emotional und psychologisch spannend war der Aspekt des weitergegebenen Traumas, weil es sehr real und nachvollziehbar dargestellt wird und man eventuell je nach Alter auch einige Dinge aus den eigenen Familien (leider) wiederfindet.

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  • 4 Sterne

    Christine B., 04.03.2023

    Als Buch bewertet

    Eine Frau am Abgrund

    Dieser Roman hat mich sehr berührt. Die Ich-Erzählerin in diesem Buch stellt ihr ganzes bisheriges Leben in Frage. Denn dieses Leben, dass sie bis zu dem Zeitpunkt für ganz in Ordnung hielt, bekommt immer mehr Risse. Ihr neues Buch bereitet ihr Probleme. Die Sorgen um ihren Stiefvater Siegfried nehmen überhand. Die Beziehung mit ihrem Partner, mit dem sie eine Tochter hat, eskalieren immer mehr.
    Eines Tages macht sie sich auf den Weg in die Psychiatrie. Dort gibt es mit Sicherheit jemanden, der ihr helfen wird, das Chaos zu beseitigen.
    Während sie darauf wartet, mit jemand reden zu können, erfährt man mehr über das Leben der Erzählerin.
    Ihr Stiefvater ist schon seit ihrer Kindheit der Mittelpunkt. Sehr erfolgreich, sehr dominant und bis in ihr jetziges Leben sehr präsent. Man lernt Hilde, die Mutter von Siegfried kennen, bei der sie oft Zeit verbringt, wenn ihr Stiefvater und ihre leibliche Mutter auf Reisen sind.
    Man lernt auch die Geheimnisse kennen, die sich hinter der Fassade verbergen. Die Gewalt, über die nur geschwiegen wurde. Was sich hinter verschlossenen Türen zugetragen hat, wurde nie angesprochen. Es wurde regelrecht verbannt.
    Ich glaube, dass ist auch der Grund, warum die Erzählerin es jedem Recht machen will. Nur nicht anecken, alles schönreden und nie auffallen.
    Die Autorin hat hier sehr gut dargestellt, wohin es führen kann, wenn man immer nur die Augen verschliesst. Wenn alles totgeschwiegen wird. Wenn die Scham und die Angst grösser ist und man sein eigenes Ich immer nur versteckt.
    Das Ende stimmte mich ein wenig traurig. Ich hätte mir für die Erzählerin etwas anderes erhofft. So blieb ich etwas ratlos zurück, was die Erzählerin denn nun mit ihrem weiteren Leben anfängt.
    Ein sehr tiefgründiger Roman den ich wirklich empfehlen kann.

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  • 4 Sterne

    coffee2go, 29.03.2023

    Als Buch bewertet

    Wendepunkt im Leben

    Der Roman ist aus der Ich-Perspektive einer Ehefrau, Mutter, Schriftstellerin, Tochter geschrieben, die sich von einem Moment auf den anderen an einem Wendepunkt in ihrem Leben befindet. Lang angestaute Gefühle, Ängste, Sorgen, Unzufriedenheit – all dies kommt plötzlich zum Vorschein und bringt das Leben durcheinander. Die Ich-Erzählerin ist komplett mit der Situation überfordert, weiss auch nicht, an wen sie sich wenden könnte, da ihr Stiefvater, Siegfried, der ansonsten alles für sie geregelt hat, nicht mehr zur Verfügung steht. Aus einem Impuls heraus begibt sie sich in die Ambulanz einer Psychiatrie und macht sich ihre Gedanken im Warteraum und die Wartezeit ist sehr, sehr lange, sodass sie einen Rückblick bis in ihre Kindheit schafft. Der Roman beschreibt einerseits sachlich, erzählend, lässt aber für die Leser*innen genug Spielraum für eigene Interpretationen und Gedanken. Interessant finde ich auch, dass die Ich-Erzählerin wichtige Figuren in ihrem Lebenslauf herausnimmt und beleuchtet, welchen Einfluss sie auf ihr Leben hatten und teilweise auch bis heute noch haben. Auch das Leben ihrer Mutter sieht sie im Nachhinein und mit ihrer heutigen Erfahrung aus einem anderen Blickwinkel.
    Wohin ihr eigenes Leben sie führen wird, weiss sie noch nicht so genau, aber sie wird etwas an ihrer Situation verändern, nur was genau, ist noch nicht so klar. Sie ist an ihrem persönlichen Wendepunkt im Leben angelangt.
    Der Schluss ist offen und lässt Raum für eigene Gedankengänge, sodass man sich auch im Nachhinein noch mit dem Gelesenen auseinandersetzen muss und das Buch nicht einfach so beiseitelegen kann.

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  • 4 Sterne

    Anja K., 16.03.2023

    Als Buch bewertet

    nachdem mich das cover in seinen bann gezogen hatte musste ich einfach nach der beschreibung schauen und die thematik hat mich neugierig gemacht. der schreibstil ist wunderschön, poetisch und tiefgründig, liest sich wirklich super. die personen sind wunderbar beschrieben, mit all ihren gedanken und handlungen. vor allem natürlich die frau, aber auch was man über siegfried erfährt ist sehr interessant und hat die frau natürlich extrem geprägt. nun taucht ein ehestreit auf, der sie erstmal total aus der bahn wirft, so dass sie sich nicht mal um ihr kind kümmern kann, um wieder klar zu kommen fährt sie in die psychiatrie und erhofft sich hilfe, wobei sie dort erst mal nur nachdenkt, über ihre vergangenheit, über ihr leben, über siegfried, über einfach alles. total beeindruckend wie sie ihr leben sortiert um wieder klar zu sehen und weiter leben zu können, für sich und ihre familie. ein wirklich lesenswertes buch, ohne grosse handlung oder aktion, dafür mit tiefe und zum nachdenken anregend.

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  • 4 Sterne

    m, 21.02.2023

    Als Buch bewertet

    Bewegender Blick ins Seelenleben
    Das Buch Siegfried hat mich sehr bewegt. Antonia Baum gibt dem Leser den Blick frei in das Seelenleben der Protagonistin. Die junge Frau, die im Roman selber erzählt, begibt sich eines Morgens statt in den Tag zu starten in die Psychiatrie. In Rückblicken erzählt sie von ihrem bisherigen Leben, als Kind, als Jugendliche, als Erwachsene. Sie erzählt von ihrer labilen Mutter und ihrer dominanten und strengen Grossmutter Hilde, bei der sie in der Kindheit viel Zeit verbrachte und Von Siegfried, ihrem Stiefvater, der unberechenbar über allem herrschte. Sie schwankt zwischen Ausbruch und Angepasstsein, zwischen Wunsch nach Geborgenheit und nach Freiheit, zwischen Familiensinn und Selbstverwirklichung. Und über allem und bei allem ist immer Siegfried in ihrem Kopf. Ich fand das Buch sehr bewegend, aber auch zum Teil sehr verstörend. Die Zerrissenheit der jungen Frau hat mich auch nach Ende des Buchs noch beschäftigt.

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  • 4 Sterne

    begine, 24.02.2023

    Als bewertet

    Bewegend

    Der Roman Siegfried von der Schriftstellerin Antonia Baum.
    Es ist keine einfache Unterhaltungslektüre.

    Die namenlose Icherzählerin ist Mitte Dreissig. Sie ist eine unsichere Frau, deren Probleme anscheinend schon in ihrer Kindheit begann.
    Sie hat gerade grosse Schwierigkeiten und sucht Hilfe in der Psychiatrie.

    Ihr wächst langsam alles über den Kopf.

    Sie hat direkt keine Gewalt erfahren, aber doch mitbekommen.
    Dann fährt sie in die Psychiatrie, um zu erfahren, was mit ihr los ist. Da denkt sie beim Warten nur nach und man erfährt der Gewalt gegenüber der Mutter. Es ist wirklich erschreckend, wie sie da drauf ist. So kann man von ihrer verstörenden Kindheit verstehen,
    Das Ende ist undurchsichtig. Eigentlich gab es keine Hilfe.
    Sie ist eine vielschichtige Verstörte Frau, die versucht ihr Leben zu meistern.
    Die Autorin schreibt das detailliert und einfühlsam.

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  • 3 Sterne

    Claudia S., 24.03.2023

    Als Buch bewertet

    Hilde

    Eine namenlose Ich-Erzählerin erkennt an einem Morgen, dass ihr alles über den Kopf wächst und sie einfach nicht mehr weiter kann. Also lässt sie alles stehen und liegen – sogar Schuhe und Handtasche – und fährt in die Psychiatrie, um sich dort helfen zu lassen. Auf dem Weg und im Wartezimmer zieht quasi ihr ganzes Leben an ihr vorbei. Ein Leben, das sehr freudlos und vor allem lieblos war.

    Der Anfang war sehr vielversprechend. Nicht einfach, nicht locker, nicht so leicht zu lesen, aber enorm interessant, vielsagend, man spürte die Verzweiflung, Angst, Sorge und konnte nachempfinden, dass es der Ich-Erzählerin einfach zu viel wurde. Man wünschte sich, dass sie Hilfe findet, wollte sie begleiten.

    Doch im Laufe der Erzählung wurde es für mich immer schwieriger, allem zu folgen. Ich konnte nicht mehr sehen, wohin es führt. Siegfried wurde kaum erwähnt, dafür war Hilde, Siegfrieds Mutter, fast immer irgendwie anwesend und überlagert alles. An der Art der Sätze konnte man die Gefühlswelt der Erzählerin erkennen. Mal sehr kurz, fast stakkatoartig. Dann unfassbar lang und verschachtelt, sodass man gar nicht mehr wusste, um was es gerade eigentlich ging. Das Lesen zog sich deshalb irgendwann in die Länge, weil ich ab einem gewissen Punkt nur noch ein paar Seiten am Stück ertragen konnte. Das wurde durch die wenigen Absätze und ewig langen Kapitel nicht besser.

    Achtung, Spoilergefahr! Ganz schlimm ist für mich aber das Ende. Das Buch hört einfach auf. Nichts ist geregelt, nichts ist geklärt, erklärt ist auch nichts und ich bleibe als Leser mit Angst und Fragen zurück und auch die Erzählerin ist noch immer da, wo sie von Anfang an war. Warum sie nicht einfach zu Siegfried gefahren ist, sondern in die Psychiatrie, bleibt mir ein Rätsel. Wie so vieles.

    Vielleicht liegt es ja an mir und ich habe die Aussage des Buches schlicht nicht verstanden. Vertrauen in die Psychiatrie weckt es jedenfalls schon mal nicht. Ich gebe drei Sterne.

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  • 3 Sterne

    Leser100, 15.04.2023

    Als Buch bewertet

    Ein Streit mit ihrem Ehemann löst die schlussendliche Krise der Protagonistin aus. Eine lange angebahnte Überforderung wird an diesem Punkt so überwältigend, dass sie Hilfe in einer Psychiatrie sucht. Dort sitzt sie auf dem Flur und wartet. Gedanken fliegen an ihr vorbei.

    Der Stiefvater erlitt vor kurzem einen Herzinfarkt. Überhaupt wiegen die Bezugspersonen aus der Vergangenheit schwer, obwohl es sich dabei noch nicht einmal um die leiblichen Verwandten handelt. Sigfried, der Stiefvater und Hilde, dessen Mutter scheinen die zentralen Personen aus ihrer Kindheit zu sein. Ihre Mutter bleibt dagegen seltsam unscheinbar und wird nur selten erwähnt. Eine seltsame, düstere, von psychischer, teilweise auch von körperlicher Gewalt geprägter Atmosphäre, in der vor allem Leistung und Anerkennung zählen. Geborgenheit, Liebe zu seinen Nächsten und emotionale Führsorge scheinen dagegen vollkommen auf der Strecke zu bleiben.

    Das Buch ist ein inneres Psychogramm einer seelisch verausgabten Frau. Mir blieb diese Frau das ganze Buch hindurch unnahbar. Ich habe ihre Qualen miterlebt, konnte mich jedoch nicht wirklich in sie hineinversetzen. Für mich blieben bis zuletzt einige Ungereimtheiten bestehen. Es wurden ausschliesslich die negativen Seiten des Seelenlebens der Protagonistin aufgezeigt, als ob nie etwas positiv erfreuendes in deren Leben passiert wäre. Und welche Rolle hat die Mutter oder sonstige Verwandte im Leben der Frau gespielt? Gab es da nicht noch mehr Bezugspersonen oder Freunde? Insgesamt fand ich den Roman damit etwas eindimensional.

    Das Titelbild passt gut zum Inhalt, auch wenn es mir nicht so wirklich zusagt. Aber genauso wie im Inhalt des Buches bleibt auch hier die wahre Person hinter einem verschwommenen Schatten verborgen.

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  • 3 Sterne

    Gisela E., 23.05.2023

    Als Buch bewertet

    Eine überforderte Frau

    Eine Frau – Mutter, Partnerin, Versorgerin – fährt eines Morgens in die Psychiatrie statt zu ihrem Arbeitsplatz. In ihrer Ehe läuft es nicht mehr rund, es gibt Streit, zudem muss sie dringend an ihrem Roman weiterschreiben, das Geld fehlt an allen Ecken und Enden. Dazu kommt die Angst um ihren Stiefvater, der in ihrem Leben sehr wichtig für sie war und noch ist.

    In Rückblenden werden die Probleme nach und nach aufgedröselt. Mir ist die Interaktion der verschiedenen Charaktere untereinander als seltsam aufgefallen. Die Hauptfigur, deren Namen übrigens nicht verraten wird, versucht es allen recht zu machen. Sie zerbricht fast daran. Zwischen den Zeilen erkennt man, wie sie verschiedene Probleme durch Nicht-Benennen auslöschen will, was aber natürlich nicht funktionieren kann. So wirklich überzeugen konnte mich das Buch allerdings nicht, ich konnte die Handlungen so mancher Charaktere nicht wirklich nachvollziehen. Ehrlich gesagt hat mich das Buch etwas ratlos hinterlassen.

    Vielleicht können andere Leser mehr mit diesem Buch anfangen. So richtig weiter empfehlen mag ich es nicht. Ich vergebe 3 von 5 Sternen.

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  • 2 Sterne

    gst, 17.06.2023

    Als Buch bewertet

    Siegfried heisst der Stiefvater der namenlosen Ich-Erzählerin. Von ihm erhofft sie sich Hilfe in ihrer ausweglos erscheinenden Situation: als Schriftstellerin hat sie den Vorschuss auf ihr nächstes Buch bereits verbraucht und immer noch keine Idee, worüber sie schreiben soll. Auch Alex, ihr Partner und Vater ihrer Tochter verdient so gut wie nichts. Nun hatte Siegfried einen Herzinfarkt und meldet sich nicht, was sie vollends durcheinander bringt. Das verursacht in ihrem Kopf ein Sirenengeheul, weshalb sie beschliesst, in die Psychiatrie zu gehen.

    In Rückblicken erzählt sie von Hilde, Siegfrieds Mutter, wo sie als Kind einen längeren Besuch absolvierte. Auch über ihre Mutter resümiert sie und die inzwischen geschiedene Ehe zwischen ihrer Mutter und dem Stiefvater.

    Warum das Buch Siegfried heisst, hat sich mir nicht erschlossen. Vom Stiefvater wird zwar erzählt, doch das Chaos in ihrer Beziehung zu Alex und die Charakterisierung von Hilde nimmt einen weitaus grösseren Rahmen ein.


    Antonia Baum, 1984 in Borken geboren, ist Journalistin, Schriftstellerin und Mutter. Sie befindet sich also in einer ähnlichen Situation wie ihre Protagonistin. Man glaubt ihr die beschriebene Überforderung, wenn sich das Geschirr in der Küche stapelt, sie die Gedanken an all das, was zu erledigen ist, niederdrücken. Trotzdem hat mir ihr neuester Roman nicht gefallen.


    So, wie sie erzählt, hatte ich den Eindruck, dass ihre Protagonistin die Grausamkeiten aus ihrer Kindheit nie als solche wahrgenommen hat. Auch als Erwachsene reflektiert sie nicht, lässt sich ausschliesslich von ihren Gefühlen leiten, anstatt Lehren daraus zu ziehen und sich anders zu verhalten, als seinerzeit ihre Mutter, die aussah, „wie die Frauen aus den Zeitschriften, die sie las, und deswegen viel im Badezimmer war.“ Ihre eigene Partnerschaft hat in meinen Augen etwas von Hörigkeit. Alex, dessen Herkunftsfamilie in einem völlig anderen Milieu lebt, ist davon ebenso geprägt, wie sie von Siegfried, der immer etepetete aussah.

    Nachdem ich das Buch, dessen Chaos mich nicht erreichte, schliessen konnte, war ich regelrecht erleichtert. Zwar liess es sich teilweise sehr flüssig lesen, doch muss ich feststellen, dass das Thema „überforderte Frau und verkorkste Kindheit“, das zur Zeit sehr häufig in der Literatur zu finden ist, wenig anspricht.

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  • 2 Sterne

    Sylvia K., 02.03.2023

    Als Buch bewertet

    Aufgrund des Klappentextes habe ich mir unter der Geschichte etwas anderes vorgestellt. Der Erzählstil passt sehr gut zum Inneren der Protagonistin: den Druck, unter dem sie steht, merkt man in jeder Zeile des Buches. Auch die verschiedenen Rückblenden aus ihrer Kindheit passen dazu.

    Gleichzeitig war es für mich aber auch nicht richtig greifbar und ich habe mich gefragt warum diese oder jene Rückblende gerade für sie wichtig ist und auch warum es für mich als Leserin wichtig ist. Damit wurde ich leider gar nicht warm. Auch hatte ich mich bis ungefähr zur Hälfte des Buches gefragt warum es "Siegfried" und nicht "Hilde" hiess,da es sehr viel um die Grossmutter ging. Dies wiederum führt mich dazu, was ich bereits geschildert habe: Ich habe keinen Zusammenhang zum Klappentext gesehen und habe mich gefragt was es mir stattdessen als Leserin sagen soll.

    Das letzte Buchdrittel fand ich interessant, wenngleich mir hier sehr viele offene Fragen zurückbleiben.

    Ich kann mir vorstellen, dass dieses Buch grossen Anklang findet, für mich war es leider nichts.

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  • 5 Sterne

    0 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Miss, 19.02.2023

    Als Buch bewertet

    Der Erzählerin wird einfach alles zu viel. Sie zieht die Reissleine und begibt sich in die Psychiatrie. Dort muss sie warten und so beginnen die Gedanken zu rotieren. Sie erinnert sich an ihre Kindheit mit Siegfried, dem Mann ihrer Mutter, und dessen strenge Mutter Hilde, bei der sie immer dann bleiben musste, wenn ihre Eltern auf Geschäftsreise waren. Und sie hält ihr jetziges Leben mit Alex und der gemeinsamen Tochter dagegen. Alex ist nicht wie Siegfried, er kann ihr auch nicht das Leben bieten, das Siegfried ihrer Mutter bot. Je länger der Tag und das Warten dauern, desto negativer wird ihr Bild von ihrem Leben und vor allem ihrem Partner.

    Antonia Baums Roman „Siegfried“ spiegelt zwei Männer verschiedener Generationen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Es könnte egal sein, wenn nicht die Erzählerin den Vergleich anstellen würde und unausgesprochene Erwartungen ihr Leben ins Wanken bringen würden. Es ist eine Geschichte von Schieflagen, zwischen den Geschlechtern, den Generationen, auch zwischen Ost und West und je tiefer man eintaucht, desto dominanter wird die kindliche Prägung, die stärker ist, als den Figuren bewusst ist.

    Der Titel des Buchs überrascht, ist Siegfried doch eigentlich nicht die zentrale Figur. Erst im Lauf der Handlung wird jedoch deutlich, wie bestimmend der Mann für die Ideale und Erwartungen der Erzählerin ist. Er hat ein Modell vorgelebt, nach dem sie sich mit zunehmendem Alter immer mehr sehnt. Die Strenge seiner Mutter hat ihn erfolgreich werden lassen, auch wenn dies ein unterkühltes Verhältnis zur Folge hatte. Jedoch ermöglicht sein Erfolg einen Lebensstandard, der vor allem mit Sicherheit verbunden ist.

    Mit Alex genoss die Erzählerin zunächst die Sorglosigkeit und ein Leben nach eignen Massstäben. Doch schleichend offenbart sich, dass er ein Kind seiner ostdeutschen Erziehung ist und sie in verschiedenen Welten leben. Unweigerlich treffen zwei sehr verschiedene Sichtweisen aufeinander, die nicht vereinbar sind. Je prekärer die finanzielle Lage des Paares, desto kritischer beäugt die Erzählerin die Leistung ihres Partners und vor allem sein Unvermögen, ihr das zu bieten, was Siegfried ihr bieten konnte.

    Die Erzählerin ist eine erfolgreiche und intelligente Frau und dennoch scheitert sie am Alltag und daran, die richtigen Schlüsse aus dem zu ziehen, was sie beobachtet und weiss. Es fehlt ihr der richtige Weg zu kommunizieren, klar zu machen, was sie braucht, stattdessen läuft sie in Eskalation, deren erstes Opfer sie selbst ist.

    Auch mich würde Alex wahnsinnig machen, doch er kann nicht aus seiner Haut und kann auch nicht verstehen, was er falsch macht. Die Erzählerin ist jedoch keineswegs in einem Leben mit ihm gefangen. Sie könnte ausbrechen, wie einst ihre Mutter, sie kennt allerdings auch den Preis.

    Ein intensiver Roman, der ohne dies gross zu umschreiben eine genaue Analyse vieler westdeutschen Nachkriegsfamilien liefert und Lebensmodelle kontrastiert, die weiter nicht voneinander entfernt sein könnte. Im selben Land zur selben Zeit aufzuwachsen und zu leben, genügt nicht, um auch erfolgreich gemeinsam leben zu können.

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  • 5 Sterne

    0 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Frederike Z., 06.04.2023

    Als Buch bewertet

    Neun Lettern, die von Macht sprechen, von altem Geld, von Regeln. Davon, nach dem Besten zu streben, keine Kompromisse: Siegfried. Alle Wege führen zu ihm, denn er war immer da gewesen im Leben der Protagonistin aus Antonia Baums neuem Roman „Siegfried“, körperlich wie geistig, in ihren Gedanken, in ihren Handlungen – Siegfried. Das personifizierte Patriarchat, der Macher.

    Sie ist fahrig und aufgewühlt, die namenlose Protagonistin, ihr Leben am Rand einer Klippe, im Fallen begriffen, doch sie kann sich nicht halten. Seit einem Jahr hat sie eine Schreibblockade, ihr Buchprojekt ein ruheloses Blinken des Cursors auf dem Display, und sie hat Angst: dass das Geld ausgeht, vor der Reaktion ihrer Verlegerin, vor Alex. Geld war schon immer ein Streitpunkt ihrer Beziehung. Denn Geld bedeutet für sie Sicherheit. Das war etwas, das er – anders als sie – von seinen Eltern nicht mitbekommen hatte. Sie wuchsen in der DDR auf, die Wende hatte etwas mit ihnen gemacht. Alex schämte sich für sie, die Platte, den Nippes, ihre Kleingeistigkeit; dafür, dass sie kein Geld und keine Ambitionen zu haben schienen: „Sie kämen ihm vor die Kinder, die sich erschreckt hätten, als die Mauer fiel, und sich von dem Schreck nicht mehr erholten. Es ging bei uns nur um Angst. Die haben alles aus Angst gemacht. Das Höchste, was man erreichen konnte, war Sicherheit. Es gab nichts, was ich nachmachen konnte. Oder wollte.“ (S. 125)
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    Angst, das war etwas, ihrer Familie auch nicht unbekannt war. Sie blickt zurück, in ihre Kindheit, die Wochen, die sie im Sommer bei Hilde, der Mutter ihres Stiefvaters Siegfried, verbrachte. Hilde ist eine Marke, anders kann man es nicht sagen. Sie vergöttert ihren Sohn, doch liebevoll ist sie nicht, in ihrem Haus wohnt Traurigkeit. Ein wenig kauzig, sonderbar, liebt raffinierte Dinge, eine Macht- und Respektsperson, die sich nach der Sicherheit und Stabilität der 80er Jahre sehnt, immer wieder ihre Erinnerungen an den Krieg nebenbei ins alltägliche Gespräch einfliessen lässt. Das Mädchen bekommt jeden Tag die Enttäuschung darüber zu spüren, dass sie eben das ist: kein Junge. Sie wird gefordert, ihre Fortschritte gemessen, klein gehalten; der Blick in den Spiegel wird ihr verwehrt, der offenbaren würde, dass sie älter wird, als könne es den Lauf der Dinge aufhalten.
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    Angst auch in ihrem Elternhaus: häusliche Gewalt, Berechnung, patriarchale Macht. Und Angst, als sie – ihr Elternhaus hatte sie lange verlassen – Alex kennenlernt. Sie sehnte sich nach jemandem, der anders ist, anders, als sie es kennengelernt, von Hilde gelehrt bekommen hatte, und fand all das in Alex: Er schien sorglos, was das Leben angeht, seine Zukunft, wollte sich lösen von alten Mustern, seinem Zuhause, doch sie wurde immer wieder befallen von den Zügen, die sie ihr Leben lang vorgelebt bekam. Neurotische Ordnungssucht, genug Waschpulver, Brot. Geld. Das grosse Streitthema. Und immer wieder scheint Alex sich wie Siegfried zu sein, ihre Beziehung wie die ihrer Eltern: „Ich zitterte, er sah mich lächelnd an, und ich war voller Glück. Ich sah ihn an und dachte, dass er überhaupt keine Ahnung hatte und vor allem keine Angst. Nicht davor, bei mir zu sein, auch nicht davor, allein zu sein. Als ich Jahre später in der Psychiatrie sass, fragte ich mich, was aus Alex und mir geworden war, wie es sein konnte, dass es dem so ähnelte, was meine Eltern miteinander veranstaltet hatten, die Lügen, die Kälte, die Brutalität. Ich konnte es nicht sagen, aber ich hatte eine Ahnung." (S. 113)
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    Schicht um Schicht legt Baum mit einer gewissen Kühle, in Gedanken – Erkenntnissen – schwebend, Traumata frei, Motive, die sich transgenerational durch den Familienstammbaum ziehen, von Hilde über Siegfried hin zu der namenlosen Protagonistin. Eindrücklich zeigt sie die Beziehungen der einzelnen Protagonisten auf, ihre jeweiligen Charakterzüge. Anhand dessen beschreibt sie kraftvoll, wie Gewohnheiten, wie Gewalterfahrungen fortbestehen und in den Menschen weiterleben, weitergegeben werden, Machtstrukturen überdauern, alte Ideale bleiben – ebenso wie Ängste. Siegfried ist das Kondensat all dessen, die Machtfigur, doch die Zeit ist auch ihm nicht gnädig, ewig jung bleibt niemand. Der König wankt, krank und alternd, doch seine Präsenz schwindet nicht.
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    "Siegfried" ist so viel mehr als das, was ich erwartet hatte zu lesen, mehr und anders (!) als das, was der Klappentext suggerierte. Eine eindrückliche, lebendige Charakterdarstellung, eine innere Reise, eine Auf- und Verarbeitung - und ein richtig gutes Buch. Und: Props an Hilde!

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    Heike L., 21.02.2023

    Als Buch bewertet

    Das Buch baut verschiedene Erwartungshaltungen auf, die enttäuscht werden. Der Weg in die Psychiatrie reisst verschiedene Wunden auf, die in Rückblenden wirklich aus der Sicht der jeweiligen Altersstufe erzählt werden.
    Der Stress mit dem Partner Alex, die Schwierigkeiten, die Tochter zu versorgen, werden immer mit der Sehnsucht nach Siegfried verbunden.
    Gut charakterisiert wird der schweigsame Künstler Alex, mit dem sie trotz seiner schwierigen Situation und seiner schwierigen Elternbeziehung glücklich ist.
    Siegfried wird als schwieriger, doch fürsorglicher Vater geschildert, der die Tochter besonders verwöhnt, besonders nachdem die Mutter die Familie verlassen hat.
    Das passiert nach dem Amerikaaufenthalt der Eltern.
    Die Ich-Erzählerin hat deswegen die Sommerferien bei der schrulligen Grossmutter väterlicherseits verbracht. Sie ist sparsam mit dem Essen, kocht einfach, verkocht die Reste und hält auf einen strengen Tagesablauf. Dabei ist es verboten in Spiegel zu schauen und Grimassen zu schneiden.
    All das wird detailreich, genau und realistisch geschildert. In Kleinigkeiten werden die Abgründe, die die Erzählerim in der jeweiligen Phase nicht wissen konnte, enthüllt. Auch das Bild der vermeintlich psychisch kranken Mutter dekonstruiert, langsam abgebaut. Die Mutter, welche immer putzt und alles in Ordnung hält.
    Als sie fröhlicher und selbstbewusster zurückkommt, wird es nachts lauter und sie kann einmal den Arm nicht mehr bewegen. Morgens sind leere Weinflaschen zu sehen.
    So allmählich wird die wahre Kindheitsgeschichte enthüllt. All das, während die Mutter auf der Ambulanz der Psychiatrie wartet. Schliesslich ist die bereit in den Alltag zurückzukehren. Siegfried bleibt trotz allem ihr Fixpunkt, den die realistisch zu sehen beginnt.
    Die Brüchigkeit der zwischenmenschlichen Beziehungen werden indirekt aus Personenperspektive gezeichnet.
    Das Cover verweist mit dem unscharf fotografierten Gesicht sowie dessen Schatten auf die Schattenexistenz des inneren Kindes sowie der prägenden Erinnerungen.
    Ein absolut entlarvender Seelentrip, der fesselnd ist.

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    books, 04.03.2023

    Als Buch bewertet

    Unverarbeitete Lasten

    Die Ich-Erzählerin beschreibt zu Beginn des Buches „Siegfried“ von Antonia Baum ihren Weg in die Psychiatrie, die sie zur Einweisung nach einem Streit mit ihrem Partner aufsucht. Während ihres Aufenthaltes im Warteraum gibt sie den Leser*innen einen Einblick in ihre Kindheit und den Einfluss von unterschiedlichen Familienmitgliedern. Hierbei schildert sie auch die fehlende Bindung zur Mutter sowie ihre Beziehung zu ihrem Mann. Die Szenen wechseln zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

    Die Erlebnisse der Kindheit in prekären Verhältnissen zwischen Gewalt und Vernachlässigung sind nicht angenehm zu lesen und schonungslos dargestellt. Beim Lesen kommt eine beklemmende und bedrückende Stimmung auf, da sich das Bild einer unsicheren Person abbildet, die versucht ihren Weg zu gehen und sich immer wieder mit den Schatten der Vergangenheit auseinandersetzen muss.

    Der Roman ist tiefgründig und berührend, da es das Leiden von Kindern in schwierigen Lebenssituationen sehr eindrücklich darstellt.

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